1099–1999: Jerusalem im lateinischen Westen und Osten – Vorstellungen und Konflikte
Im Sommer 1099, vor 900 Jahren, wurde Jerusalem von Teilnehmern des Ersten Kreuzzuges erobert und ein lateinisches Königreich ausgerufen. Zu diesem Anlaß wird an der Universität Erlangen-Nürnberg eine Ringvorlesung veranstaltet, in deren Zentrum die bereits vor den Kreuzzügen nachweisbaren und über das Ende der Kreuzfahrerstaaten hinaus weiter existierenden »Vorstellungen und Vergegenwärtigungen« der Heiligen Stadt im lateinischen Westen stehen. Denn Jerusalem war nicht nur als reale Stadt des Vorderen Orients, sondern in vielfältigen Ausformungen – in Theologie, Kunst, Poesie, Frömmigkeit, Literatur u.v.m. – im Denken des Mittelalters präsent. Bedeuteten die Ereignisse von 1099 in dieser Hinsicht einen Einschnitt oder gar einen Neubeginn, verloren »Vorstellungen« durch die Erfahrung des Reellen an prägender Kraft? Diese und andere Fragen werden in der Ringvorlesung während des Sommersemesters erörtert und zur Diskussion gestellt.
Programm:
05.05. Herbers, K.: Die Eroberung Jerusalems, 900 Jahre danach. Epocheneinschnitt und Neubeginn
19.05. Bauer, D. R.: Terra Sancta – Heiliges Land. Zur Evolution einer Vorstellung im lateinischen Westen
09.06. Jaspert, N.: Vergegenwärtigungen Jerusalems in Architektur und Reliquienkult
23.06. Jacobsen, P. Chr.: Jerusalem in der lateinischen Kreuzzugsdichtung
30.06. Orth, P.: Die Eroberung Jerusalems in der Sicht der Humanisten
07.07. Kugler, H.: Nicht nach Jerusalem – Das Heilige Land als Leerstelle in mittelhochdeutschen Epen der Kreuzzugszeit
14.07. Baumgärtner, I.: Die Wahrnehmung Jerusalems in der mittelalterlichen Kartographie
21.07. Wyss, U.: Der Weg nach Jerusalem auf der Opernbühne
2 SWS
Mi 20.00-22.00 (14täglich), KH 1.011 Beginn:
5. Mai
Grundzüge der islamischen Geschichte
Die Vorlesung gibt einen Überblick über die wichtigsten Epochen der islamischen Geschichte der zentralen Gebiete des Islams (Nordafrika und Spanien, Vorderer Orient, Mittelasien, Indien) von den frühen arabischen Eroberungen bis zum Ende des Osmanischen Reiches. Die Darstellung orientiert sich dabei im wesentlichen an der Abfolge der verschiedenen Dynastien. Schwerpunktmäßig wird die für die mittelalterliche europäische Geschichte wichtige Epoche der Kreuzfahrerzeit behandelt.
Lit.: C. Cahen/ G.E. v. Grunebaum, Der Islam I. II. (Fischer Weltgeschichte 14-15), 1968/71 (u.ö.); A. Hourani, Die Geschichte der arabischen Völker, Frankfurt a.M. 1991 (u.ö.); U. Haarmann (Hg.), Geschichte der arabischen Welt, München 1987 (u.ö.).
2 SWS Bobzin
Mo 14.00-16.00, KH 1.013 Beginn: 3. Mai
Martin Luther: seine Theologie in ihrem historischen Zusammenhang
Die Vorlesung geht vom spätmittelalterlichen Kontext Luthers aus und thematisiert
– den Entwicklungsgang seiner Frömmigkeit und seines Denkens
• seine wichtigsten theologischen Entdeckungen
• Schlüsseltexte seiner Biographie und Theologie
• die Konflikte mit altgläubigen und reformatorischen Gegnern
• seine Stellung in der Frühen Neuzeit
Lit.: R. Schwarz, Luther, in: Die Kirche in ihrer Geschichte, hg. v. B. Moeller,
Bd. 3, Lieferung I, Göttingen 1986.
4 SWS Hamm
Mo, Do 10.00-12.00, KH 1.019 Beginn: 6. Mai
Europa im Zeitalter der Ottonen
Das Kolleg wird sich den politischen, kirchen- und wirtschaftsgeschichtlichen
sowie kulturellen Ereignissen und Entwicklungen der Ottonenzeit widmen und darum bemüht sein, den Blick über die Reichsgeschichte hinaus auch auf die europäischen Nachbarstaaten zu richten.
Lit.: Handbuch der Europäischen Geschichte 1, hg. von Th. Schieffer 1976;
H. Beumann, Die Ottonen 21991.
2 SWS Herbers
Mi 11.00-13.00, KH 1.022 Beginn: 5. Mai
Einführung in die Diplomatik
Die Übung wird in methodologische Grundlagen, Fragestellungen und Arbeitstechniken der Urkundenforschung einführen und anhand ausgewählter Beispiele in gemeinsamer Arbeit vertiefen. Regelmäßige Teilnahme und Mitarbeit werden erwartet.
Lit.: H. Bresslau, Handbuch der Urkundenlehre für Deutschland und Italien 1-2,
21911-31; W. Erben, Die Kaiser- und Königsurkunden des Mittelalters in Deutschland, Frankreich und Italien (1907 = ND 1970); L. Schmitz-Kallenberg, Papsturkunden, 1913; O. Redlich, Die Privaturkunden des Mittelalters, 1911 (= ND 1969); A. von Brandt, Werkzeug des Historikers. Eine Einführung in die historischen Hilfswissenschaften, 151998.
2 SWS Herbers
Di 13.00-15.00, PSG II R. 529 Beginn: 4. Mai
Lateinische Kreuzzugshistoriker des 12. und 13. Jahrhunderts
Die Vorlesung wird nicht der Geschichte der Kreuzzüge, sondern den lateinischen Autoren gewidmet sein, die in ihren Werken die Ereignisse der Kreuzzüge des 12. und 13. Jahrhunderts literarisch gestaltet haben; es geht also um die Autoren und um die literarische Umsetzung des Stoffes, um die dabei vorgenommenen Veränderungen und Interpretationen der Vorgänge wie auch um die Beziehungen der Werke untereinander, ihre Verbreitung und Wirkung.
Lit.: St. Runciman, Geschichte der Kreuzzüge, 3 Bde., München 1957-1960;
H.-E. Mayer, Geschichte der Kreuzzüge (Urban TB 86), Stuttgart-Berlin-Köln 81995.
2 SWS Jacobsen
Mi 16.00-17.30, KH 2.014 Beginn: 5. Mai
Mißglückte Minne
Liebesglück pur – das ist purer Kitsch. Jedenfalls für alle, die nicht unmittelbar beteiligt sind. Mißlungenes erzählt sich besser. Vielleicht ist das ein Grund dafür, daß die meisten großen Liebesgeschichten schlecht ausgehen. Die Vorlesung wird große und kleine Geschichten nebeneinander betrachten. Der Schwerpunkt liegt auf mhd. Versnovellen, Romane und Minnesang kommen flankierend hinzu. Die Geschichten von blinder Eifersucht, von abgewiesenen Liebhabern und anderen Kalamitäten haben natürlich neben den traurigen auch ihre komischen Seiten, und die sollen nicht zu kurz kommen. Es ergeben sich dabei Skizzen zu einer Darstellungsgeschichte der Emotionen. Sie eignen sich auch als einführender Überblick über die mhd. Literatur.
2 SWS Kugler
Di 11.00-13.00, KH 1.011 Beginn: 11. Mai
Fortunaromane
Unter diesem, für die Vorlesung erfundenen Gattungsbegriff möchte ich eine Reihe von mittelalterlichen deutschen Romanen besprechen, die sich dem kanonischen Zugriff verwehren. Sie werden auch als »Märchenromane« (Flore und Blanscheflur, Mai und Beaflor), als »Minne- und Abenteuerromane« (Reinfried von Braunschweig, Wilhelm von Österreich) bezeichnet, zum Teil nehmen sie Muster des antiken Romans auf und beerben diesen (Apollonius). Ich will der Verbreitung dieser Romane bzw. dieses Typus in den europäischen Volkssprachen besonderes Augenmerk widmen.
2 SWS März
Fr 15.00-17.00, KH 1.014 Beginn: 7. Mai
Spiegelungen: Mittelalterliche und moderne Literatur
Immer wieder kommt die Literatur Europas auf das Mittelalter zurück: als auf das nationale »Altertum« der Völker, aber auch dann, wenn es darum geht, eine übernationale Kultur vorzustellen. Das gilt für die Poesie selber ebenso wie für die Konstruktion der Literaturgeschichte. Beides soll an prägnanten Fällen studiert werden: Thomas Mann zum Beispiel und die mittelhochdeutschen Romane; die moderne Lyrik und der Minnesang; der moderne Roman und die »Divina Commedia«. Aber auch die Konzepte einer literaturwissenschaftlichen »Mediävistik« werden zur Sprache kommen: in der deutschen Romantik, bei E.R. Curtius und Erich Auerbach, in Umberto Ecos Semiotik und Kulturkritik.
2 SWS Wyss
Mo 11.00-13.00, KH 2.019 Beginn: 10. Mai
Positionen der politischen Philosophie im Mittelalter
Viele Gelehrte im christlichen Europa des 13.Jahrhunderts entwickelten unter dem Eindruck scharfer politischer Auseinandersetzungen und sozialer Umwälzungen in ihrem unmittelbaren Umfeld ein verstärktes Interesse an der theoretischen Reflexion und Begründung der Regeln menschlichen Zusammenlebens in einer geordneten Gesellschaft. Die Herausbildung von intellektuellen und ökonomischen Zentren in rasch wachsenden Städten, der Aufstieg der jungen Bettelorden zu bedeutenden gesellschaftlichen Kräften und die vielfältigen Ausformungen des Kampfes zwischen geistlichen und weltlichen Institutionen um politische Macht bilden den historischen Hintergrund der Bemühungen um die Erarbeitung kohärenter politischer Theorien. Mit der Eskalation der Auseinandersetzungen zwischen Papst- und Kaisertum im 14. Jahrhundert entstehen schließlich zwei der bedeutendsten Traktate zur politischen Philosophie des Mittelalters: Marsilius' »Defensor Pacis« und Ockhams »Dialogus«.
Die Autoren der im Seminar behandelten Texte sahen sich nicht allein mit Forderungen konfrontiert, die Interessen bestimmter politischer Kräfte theoretisch zu rechtfertigen und widerstreitende Ansprüche zurückzuweisen, sondern sie mußten immer auch Anforderungen genügen, die aus verschiedensten Bereichen der Lehrtradition heraus erwuchsen: So waren etwa augustinische Geschichtsphilosophie und christlich-neoplatonistische Spekulation über den hierarchischen Aufbau der Welt mit der neuentdeckten aristotelischen Anthropologie und Gesellschaftstheorie in harmonische Verbindung zu bringen. Darüberhinaus mußte immer die Entwicklung der Rechtswissenschaft (d.i. im wesentlichen Kirchenrecht) berücksichtigt werden - nicht unähnlich unserer Zeit hatten Juristen damals eminenten Einfluß auf die Geschicke der Gesellschaft, da sie wesentliche Stellen in der Administration besetzten.
Folgende, nach wie vor aktuelle Fragestellungen sollen die Lektüre leiten:
- Gibt es eine natürliche Ordnung der Gesellschaft ?
- Welches ist die beste Regierungsform ?
- Was ist die Funktion des Eigentums in der Gesellschaft ?
- Läßt sich gegenüber einer depravierten Herrschaft ein Notwehrrecht geltend machen (Tyrannenmord) ?
- Wie ist das Verhältnis zwischen Gesetz(gebern) und Regierung zu denken?
Die Quellentexte wurden mit Blick auf die leichte Verfügbarkeit ausgewählt; alle angegebenen Werke werden als zweisprachige Ausgabe oder zumindest in Übersetzung vom Reclam-Verlag angeboten:
- Dante Alighieri: Monarchia, lat.-dt., hrsg. & übers. v. R. Imbach & Chr. Flüeler, Stuttgart 1989
- Marsilius von Padua: Der Verteidiger des Friedens, v. H. Kusch revid. Übers. v. W. Kunzmann, Stuttgart 1971
- Thomas von Aquin: Über die Herrschaft der Fürsten, v. U. Matz revid. Übers. v. F. Schreyvogel, Stuttgart 1981
- Wilhelm von Ockham: Texte zur politischen Theorie, lat.-dt., hrsg. & übers. v. J. Miethke, Stuttgart 1995
Zur Orientierung wird empfohlen: Miethke, Jürgen: Politische Theorien im Mittelalter, in: H.-J. Lieber (Hrsg.): Politische Theorien von der Antike bis zur Gegenwart, 2. Aufl. Bonn 1993, S. 47-156. Der Band wird von der »Bundeszentrale für politische Bildung« vertrieben und kann dort kostenlos bezogen werden. Eine Buchhandelsausgabe ist im Olzog Verlag München erschienen.
Es kann ein Proseminarschein erworben werden; die Modalitäten werden zu Beginn des Seminars bekanntgegeben.
2 SWS Brungs
Di 18.00-20.00, PSG I A 301 Beginn: 4. Mai
Wilhelm von Ockham: Texte zur Theorie der Erkenntnis und der Wissenschaft
Das Seminar soll anhand des Reclam-Bandes gleichen Titels eine Einführung in wichtige Bereiche der theoretischen Philosophie Ockhams bieten. Diese wird gemeinhin mit dem Stichwort Nominalismus verbunden: danach gibt es extramental nur einzelne Dinge, nicht aber Entitäten, die den Begriffen entsprechen, unter die diese Dinge fallen. Das Seminar behandelt zunächst terminologische Fragen, dann Ockhams Begriff der Erkenntnis und schließlich den des Wissens.
2 SWS Buddensieck
Mo 16.00-18.00, PSG I A 402 Beginn: 10. Mai
Der transalpine Transfer liturgischer Musik im Mittelalter
Einerseits spielte das Bergmassiv der Alpen in der Vorstellung des mittelalterlichen Europa die Rolle einer kulturellen Scheidemarke, andererseits ist zwischen Gegenden südlich und nördlich der Alpen ein reger Austausch von Musikbeständen, Musikidiomen, Musikpraktiken und Musikauffassungen beständig und in beiden Richtungen nachweisbar. Dieser transalpine Transfer vornehmlich von liturgischer Musik wirkte sich als ein Faktor auf die Formung regionaler Musikkulturen beiderseits der Alpen aus. Gegenstand des Seminars sind konkrete Transfervorgänge, die ihrem räumlichen und zeitlichen Verlauf nach zu untersuchen, und konkrete Überlieferungsbefunde, die mit Hilfe von Transferszenarien zu erklären sind. Erörtert werden sollen aber auch die Voraussetzungen, Motive, Ergebnisse und Folgen des untersuchten Transfergeschehens.
Themen sind (1) Wegverläufe, räumliche und zeitliche Erstreckung, Richtungswechsel, Gegenläufigkeit und gegenseitige Durchdringung von Transferbewegungen; (2) Auswirkungen verkehrsgeschichtlicher Faktoren auf den Transfer von Musik; (3) die Rolle des aus der Sicht des Nordens transalpin gelegenen Roms, seines als verbindlich und vorbildlich wahrgenommenen Kultus und Kultgesangs als ein den transalpinen Transfer liturgischer Gesänge auslösender Faktor; (4) die Medien und Modi des räumlichen Transfers; (5) der Transfer von Techniken schriftlicher Musikdarstellung wie die Einführung der Neumenschrift aus dem Norden in den Süden seit dem 10. und die Einführung der Liniennotation aus dem Süden in den Norden seit dem 11. Jahrhundert. Dabei soll den Fragen nachgegangen werden, (1) in wiefern die Alpen als ein naturgegebenes Verkehrshindernis Musikkulturen voneinander trennten, indem sie den Transfer von Musik zwischen räumlich entfernten, aber durch politische und personale Kontakte verbundenen Kultursystemen einschränkten und verzögerten; (2) inwiefern Transfervorgänge eine Profilierung regionaler Unterschiede zwischen Repertoirezonen und Stilregionen beiderseits der Alpen förderte und die bewußte Wahrnehmung regionaler Differenzen und regionaler Differenziertheit schärfte; (3) inwiefern sich die Bemühungen um den Transfer von Musik nicht auf deren Transport zwischen denRegionenbeschränkten, sondern zu einer Transformation der Musik führten, da diese in transferbegleitenden und transferbegünstigenden Prozessen der Rationalisierung, Anpassung und Vereinfachung umgedeutet und verändert werden konnten; (4) inwiefern die Erfahrung von Transfervorgängen, die sich unter erschwerten Kommunikationsbedingungen vollzogen, da eine Verkehrsbarriere zu überwinden war, zu einer emphatischeren Wahrnehmung der Transferleistung als solcher führten.
2 SWS Haug
Mi 18.00-20.00, PSG I A 502 Beginn 5. Mai
Sankt Gallen und die Reichenau: Zwei Musikzentren im frühen Mittelalter
Die Abteien Sankt Gallen und Reichenau gelten als zwei gleichzeitig wirksame und räumlich benachbarte Orte von eminenter musikgeschichtlicher Bedeutung, mit deren Namen man folgenreiche Leistungen bei der passiven Aneignung, der produktiven Weiterbildung und der lehrhaften Vermittlung liturgischer Musikpraktiken verbindet. Indes macht im Falle von Sankt Gallen die überdurchschnittliche Erhaltung musikbezogener Quellen, im Falle der Reichenau deren weitgehender Verlust es schwierig, den Anteil der beiden Orte an der Musikkultur des frühmittelalterlichen Europa realistisch zu beurteilen und ihre individuellen musikkulturellen Profile zu erkennen. Dieses methodische Problem soll in dem Seminar den leitenden Gesichtspunkt bei der Arbeit mit den Quellen bilden. Bei dieser Arbeit werden konkrete und auch für Unerfahrene leicht überschaubare Überlieferungsbefunde analysiert und interpretiert, so daß das Seminar insbesondere auch für Anfänger geeignet ist. Vorausgesetzt wird bis zur ersten Sitzung nicht mehr als ein gründliches Studium der beiden Artikel ‚Sankt Gallen‘ und ‚Reichenau‘ in der Neuausgabe der Musik in Geschichte und Gegenwart. Für Fragen und Anregungen stehen wir auch schon vor Semesterbeginn zur Verfügung.
3 SWS Haug/ Klaper
Mo 18.15-20.30, PSG I A 502 Beginn: 10. Mai
Grabdenkmäler des Mittelalters
Lit.: H. Körner, Grabmonumente des Mittelalters, Darmstadt 1997; E. Panofsky, Grabplastik, Köln 1964 (u.ö.)
2 SWS Hecht
Do 10.00-12.00, KH 0.011 Beginn: 6. Mai
Paläographie II: Lateinische Handschriften des hohen und späten Mittelalters
Die Schriftentwicklung im Spätmittelalter zeichnet sich durch große Vielfalt aus. Im Rahmen des Seminars sollen die wichtigsten Typen (frühgotische und gotische Buchschrift, Kursive, Bastarda, Humanistenschrift, Urkundenschriften) anhand kopierter Texte studiert, ihr Charakter und ihre Entwicklung beschrieben werden. Das Proseminar ist die Fortsetzung der Paläographie I (der Besuch dieser Übung ist aber nicht Voraussetzung für die Teilnahme) und widmet sich dem Zeitraum vom Anfang des 12. bis zum Ende 15. Jahrhunderts. Die Schriftentwicklung steht im Vordergrund der Übungen, daneben werden die Nomenklatur der Schriftarten, Abkürzungswesen und Kodikologie behandelt, der Gebrauch der wichtigsten Hilfsmittel eingeübt. Kenntnisse der lateinischen Sprache sind natürlich von Nutzen, aber nicht obligatorisch. Ein Schein kann durch erfolgreiche Teilnahme an der Abschlußklausur erworben werden.
Lit.: B. Bischoff, Paläographie des römischen Altertums und des abendländischen Mittelalters, Berlin ²1986 (Grundlagen der Germanistik 24); F. Gasparri, Introduction à l’histoire de l’écriture, Turnhout 1994; G.I. Lieftinck, Pour une nomenclature de l’écriture de la periode dite gothique, in: Nomenclature des écritures livresques du IXe au XVIe siècle, Paris 1954, S. 15-34.
2 SWS Jacobsen
Do 9.30-10.00, PSG II R. 327 Beginn: 6. Mai
Zwischen Latein und Italienisch: Urkunden des 10. und 11. Jahrhunderts aus Italien
Im Mittelpunkt sollen sprachliche Analysen der im Original überlieferten Urkunden der Markgräfin Mathilde von Tuszien aus den Jahren 1072-1115 stehen (Orthographie, Formen, Vokabular, Syntax).
Lit.: E. Goez/ W. Goez, Die Urkunden und Briefe der Markgräfin Mathilde von Tuszien, Hannover 1998 (MGH Laienfürsten- und Dynastenurkunden der Kaiserzeit II); A. Michel, Einführung in das Altitalienische, Tübingen 1997.
2 SWS Jacobsen
Do, 14-16 Uhr, PSG II R. 327 Beginn: 6. Mai
Die Kreuzzüge
Vorläufer des europäischen Imperialismus, Wege zur Selbstheiligung, ein Akt christlicher Nächstenliebe? Die Kreuzzüge wurden und werden von Gesellschaft und Forschung auf die unterschiedlichste Art und Weise charakterisiert und bewertet. Anhand dieses Kurses sollen die Kreuzzüge – vom ersten, formgebenden Unternehmen von 1095-99 bis zu den Fahrten des Spätmittelalters – untersucht und die Vielgestaltigkeit dieses Phänomens begriffen werden. Das Seminar führt nicht nur in diese Thematik ein, sondern soll auch grundlegende Kenntnisse, Methoden und Hilfsmittel der allgemeinen Geschichte des Mittelalters vermitteln.
Lit.: E.-D. Hehl, Was ist eigentlich ein Kreuzzug?, in: Historische Zeitschrift 259, o.O. 1994, S.297-335; H.-E. Mayer, Geschichte der Kreuzzüge (Urban TB 86), Stuttgart-Berlin-Köln 81995; The Oxford Illustrated History of the Crusades, hg. v. J. Riley-Smith, Oxford 1995.
3 SWS Jaspert
Do 13.30-16.00, KH 0.020 Beginn: 6. Mai
Orient und Okzident zur Zeit der Salier
Ausgehend vom Reich in der Salierzeit soll anhand zeitgenössischer Texte das Spektrum der Kontakte und Auseinandersetzungen zwischen Morgen- und Abendland gemeinsam abgeschritten werden. Begegnungen auf den vielfältigsten Ebenen, vom politischen über den militärischen und wirtschaftlichen bis zum kulturellen Bereich, werden vorgestellt und in ihrer Rückwirkung auf Mitteleuropa untersucht. Dabei sollen die Grundlagen historischen Arbeitens, insbesondere die sachgemäße Erschließung und Auswertung mittelalterlicher Zeugnisse erlernt bzw. geübt werden.
Lit.: E. Boshof, Die Salier (Urban TB 387), Stuttgart 1987; H. Keller, Zwischen regionaler Begrenzung und universalem Horizont. Deutschland im Imperium der Salier und Staufer 1024-1250 (Propyläen Taschenbücher bei Ullstein, 33142), Berlin 1990; Die Salier und das Reich, 3 Bde., hg. v. S. Weinfurter, Sigmaringen 21992; Die Begegnung des Westens mit dem Osten. Kongreßakten des 4. Symposions des Mediävistenverbandes in Köln 1991 aus Anlaß des 1000. Todesjahres der Kaiserin Theophanu, hg. v. O. Engels/ P. Schreiner, Sigmaringen 1993.
3 SWS Jaspert
Fr 10.00-12.00, PSG II R. 125 Beginn: 6. Mai
Notationskunde II: Modal- und frühe Mensuralnotation
Im 13. Jh. entsteht eine Reihe von musikbezogenen Lehrschriften, die das neue Ideal der musica mensurabilis thematisieren: einer (mehrstimmigen) Musik, die in proportional festgelegten rhythmischen Dauernwerten verläuft. Diese Lehrschriften stehen in klarer Beziehung zum Repertoire der Pariser Kathedrale Notre Dame, wie es in Handschriften ebenfalls des 13. Jh. greifbar wird. Zur Aufzeichnung dieses Repertoires bediente man sich der aus den stilisierten, auf Linien gesetzten französischen Neumen herausgebildeten Quadratnotation. Zunächst bleibt dabei die Erkennbarkeit von rhythmischen Werten an den Kontext gebunden (Systematisierung verschiedener rhythmischer Verlaufsmuster, der sog. modi), doch liegt die später erhobene Forderung, das musikalische Geschehen (res) solle sich aus dem Zeichen (figura) ablesen lassen, in der Konsequenz des Systems. Dabei ist es von Interesse zu beobachten, mit welchen Argumentationsstrategien rhythmische Differenzierungen zugelassen werden, die sich dem Systematisierungsbestreben entziehen.
Lit.: Nach wie vor unersetzt sind die einschlägigen Abschnitte zum Thema in: W. Apel, Die Notation der polyphonen Musik, Leipzig 1962 (u.ö.), zur Anschaffung empfohlen. Eine generelle Einführung in die Thematik bieten etwa: F. Reckow, Überlieferung und Theorie der Mensuralmusik, in: K. G. Fellerer (Hg.), Geschichte der katholischen Kirchenmusik, Bd. I, Kassel usf. 1972, S.398-405; A. Traub, Art. Modalnotation/ L. Lütteken, Art. Mensuralnotation, in: Die Musik in Geschichte und Gegenwart (Zweite, neubearbeitete Ausgabe hg. v. L. Finscher),
Bd. 7, Kassel usf. 1997, S. 317-339.
2 SWS Klaper
Do 11.00-13.00, PSG I A 502 Beginn: 6. Mai
Mandevilles Reisen
Man muß nicht selbst viel unterwegs gewesen sein, um trotzdem weitläufig von der Welt berichten zu können. Für den Erzähler ist dies in mancher Weise sicherer und für die Erwartungen der Leser oft trefflicher, wenn die Welt als Erlesene vorgestellt wird. Ob es Sir John Mandeville, Johan de Bourgogne, Jean à la Barbe, oder Jean d’Outremeuse als Co-Autoren, gegenseitige Ratgeber, oder als Erzählkollektiv, wie vielleicht Homer, tatsächlich gegeben hat, bleibt vorerst fraglich; sicher jedoch wurde dieser in ganz Europa erfolgreiche und folgenreiche Reiseroman ins Heilige Land, nach Persien und Indien in deutscher Übersetzung in Augsburg und Basel jeweils 1480 gedruckt und diese Fassungen sollen Grundlage für das Seminar sein.
Lit.: J. de Mandeville, Reisen. hrsg. v. E. Brunner und K. Ridder, Hildesheim 1991; J. Mandeville, Travels, EETS 153,154, London 1919 und 1923.
2 SWS Lautenschlager
Fr 9.00-11.00, B 202 Beginn: 7. Mai
Liudprand von Cremona, Antapodosis
Die italienische, byzantinische und ostfränkisch-deutsche Geschichte vor allem der ersten Hälfte des 10. Jh. sind das Thema der »Antapodosis« (Vergeltung). Sie ist das umfangreichste Werk Liudprands (920-970/2; seit 961 Bischof von Cremona), der im zweiten Teil seiner Geschichtsdarstellung als Zeitzeuge und Akteur im Dienst Berengars II. und Ottos I. in das Geschehen involviert ist. Die »Antapodosis« gehört zu den berühmtesten Geschichtswerken des 10. Jh.; sie zeichnet sich durch ihre prosimetrische Form, eine gewisse literarische Exotik – Liudprand demonstriert seine Griechischkenntnisse und dürfte der letzte Kenner des griechischen Homer vor der Renaissance sein –, besonders jedoch durch ihre zeitkritisch-satirischen Episoden und Ausfälle aus, die Liudprand mit Vorliebe auf Berengar und seine Umgebung konzentriert.
Lit.: Liudprandi Cremonensis opera omnia, ed. Paolo Chiesa, Turnhout 1998 (CCCM 156), S.3-150 (kopierte Texte werden zur Verfügung gestellt);
J.N. Sutherland, Liudprand of Cremona, bishop, diplomat, historian. Studies of the man and his age, Spoleto 1988 (Biblioteca degli »Studi Medievali« 14);
N. Staubach, Historia oder Satira? Zur literarischen Stellung der Antapodosis Liudprands von Cremona, in: Mittellateinisches Jahrbuch 24/25, 1989/1990, S.461-487.
2 SWS Orth
Mo 14.00-16.00, PSG II R. 327 Beginn: 3. Mai
Grammatik des Mittelhochdeutschen
Lit.: Sie brauchen die mittelhochdeutsche Grammatik von Paul/Wiehl/Grosse.
2 SWS Peschel-Rentsch
Di 16.00-18.00, B4A1 Beginn: 4. Mai
Die Kreuzzüge in mittelalterlicher Predigt, Lyrik und Epik
Die Kreuzzugsideologie aus der Sicht des Abendlands: Erhaben und ekelhaft, privat und öffentlich, heilsträchtig und lästig-willkommenes literarisches Motiv.
Lit. zur Vorbereitung: H. Wollschläger, Die bewaffneten Wallfahrten gen Jerusalem. Geschichte der Kreuzzüge, Zürich (Diogenes) 1973. Die Texte (Textauszüge) erhalten Sie im Lauf des Semesters. Sie brauchen eine Ausgabe des mittelhochdeutschen Taschenwörterbuchs von Matthias Lexer.
2 SWS Peschel-Rentsch
Di 9.00-11.00, B4A1 Beginn: 4. Mai
Renals de Biauju (Renaut de Beaujeu), Le Bel Inconnu (Der schöne Unbekannte)
Sonderbarer Roman jemands, der sich am Ende Biau ju nennt: »Schönes Ich« oder »Schönes Spiel«. Der, bald nachdem Chrétien de Troyes den Artusroman erfunden hat, einen Roman von der Ich-Findung seines Helden dichtet, zusammengesetzt aus den Handlungsmotiven der klassischen Romane über die keltischen Mythologeme der matière de Bretagne – ein Roman, in dem Intertextualität Programm zu sein scheint.
Lit.: R. de Beaujeu, Der schöne Unbekannte. Ein Artusroman, aus dem Altfranzösischen übersetzt von F. Olef-Krafft, Zürich (Manesse) 1995. Den altfranzösischen Text besorgen wir uns am Anfang des Semesters. Sie sollten weiter haben: Wörterbuch zu Kristian von Troyes’ sämtlichen Werken, Tübingen (Niemeyer) 1973 [oder später].
2 SWS Peschel-Rentsch
Mi 14.00-16.00, B4A1 Beginn: 5. Mai
Wolframs Fragmentarische Strophenerzählung von Sigune und Schionatulander (»Titurel«)
Ein Liebesroman ohne happy ending – nur zwei Fetzen gedichtet – das Ende steht in einem früheren Roman Wolframs – der Anfang fehlt dort – die Sprache ist krumm und dunkel – Roman zum Singen.
Lit. zur Vorbereitung: Neuhochdeutsche Übersetzung: Wolfgang Mohr, Wolfram von Eschenbach, Titurel, Lieder. Mittelhochdeutscher Text und Übersetzung, Göppingen (Kümmerle) 1978. Eine hervorragende Übersetzung ins Italienische: Wolfram von Eschenbach, Titurel, a cura di Michael Dallapiazza, traduzione di Lucia Antonini, Torino (Nuova Pratiche Editrice) 1994. Über Wolfram von Eschenbach informieren Sie sich in: Joachim Bumke, Wolfram von Eschenbach, Stuttgart (Metzler) 1991 [Sammlung Metzler, Band 35]. Ihren mittelhochdeutschen Text beschaffen wir zu Semesterbeginn. Sie brauchen eine Ausgabe des mittelhochdeutschen Taschenwörterbuchs von Matthias Lexer.
2 SWS Peschel-Rentsch
Mo 8.45-10.15, B4A1 Beginn: 10. Mai
Form und Gattung im gregorianischen Choral: Das Responsorium Graduale
In diesem Seminar geht es darum, einen analytischen Zugang zu einem begrenzten Bereich einstimmiger Musik zu gewinnen. Die etwa 115 Gradualien bilden einen zentralen Bestandteil des gregorianischen Repertoires, das ich als das älteste uns greifbare Repertoire europäischer Musik bezeichnen möchte. Diese Aussage ist nicht unumstritten, im Seminar möchte ich aber erst einmal so tun, als ob die Melodien uns greifbar wären und als ob man sie wie "normale" Musik behandeln könnte. Im Mittelpunkt sollen zwei Fragen stehen:
Als Einführung eignet sich: H. Hucke. "Das Responsorium" Gattungen der Musik in Einzeldarstellungen: Gedenkschrift Leo Schrade. hrsg. v. W. Arlt u. a. Erste Folge. Bern-München 1973. S. 144-191. (auch in Auszügen lesbar) oder: Ders. "Gradual (i)" NG 7 (1980), S. 598-601. Vorkenntnisse (Notationskunde I etc.) sind zwar willkommen, aber keine Voraussetzung; die nötigen Kenntnisse zum Umgang mit den Melodien werden im Seminar vermittelt werden.
2 SWS Pfisterer
Mi 10.00-12.00, PSG I A 502 Beginn: 5. Mai
Das Layout des Kodex: Schreiben im Mittelalter
An einzelnen Beispielen sollen die Funktion von Gestaltungselementen (Initiale, Absatz etc.), Metatexten (Überschriften, Kolumnentitel, Register, Kolophon), Mehrfarbigkeit (Rubrizierung), die Verteilung von Textmengen und die Bild-Textbeziehung diskutiert werden. Dabei geht es immer auch um die Rezeption eines Textes, wie sie sich in seiner Verschriftung äußert, um die Steuerung des Leseaktes und schließlich um Fragen buchkünstlerischer Ästhetik.
Eine ausführliche Literaturliste ist ab April im Sekretariat der Buchwissenschaft und im Internet auf der Seite http://www.phil.uni-erlangen.de/~p1bbk/ erhältlich.
2 SWS Rautenberg
Di 14.00-16.00, KH 1.012 Beginn: 4. Mai
Altnordische Paläographie
Einführung in die altwestnordische Paläographie. Wir wollen nicht nur den Umgang mit isländischen und norwegischen Handschriften des Mittelalters üben, sondern uns auch kritisch mit der aktuellen Methodendiskussion in der nordischen Editionsphilologie auseinandersetzen.
2 SWS Seelow
Di 13.00-15.00, B4A1 Beginn: 4. Mai
Altnordische Prosaliteratur: Saga Af Tristram ok Ísönd
Die Saga af Tristram ok Ísönd ist nicht nur stoffgeschichtlich hochinteressant, sondern gilt auch als ganz zentraler Text innerhalb der Gruppe der Riddarasögur (Rittersagas); sie soll als erster Text dieser Art im frühen 13. Jahrhundert ins Altnordische übersetzt worden sein. Wir werden den Text im altnordischen Original lesen und uns mit den wichtigsten Werken der Sekundärliteratur vertraut machen. Unser besonderes Augenmerk werden wir auch auf die handschriftliche Überlieferung und die Frage der Qualität der vorliegenden Textausgaben richten.
Für Teilnehmer mit Altnordischkenntnissen.
2 SWS Seelow
Di 11.00-13.00, B405 Beginn: 4. Mai
Adelheid von Burgund – Regentin und Heilige
Adelheid von Burgund, Gemahlin Ottos des Großen, deren Todestag sich im Dezember zum 1000. Male jährt, darf als eine der bedeutendsten weiblichen Herrscherpersönlichkeiten des Mittelalters gelten. Anhand exemplarisch ausgewählter Texte wird das Seminar ihren Lebensweg durch das 10. Jahrhundert und ihre bald nach ihrem Tod einsetzende Verehrung als Heilige verfolgen und dabei in die methodologischen Grundlagen und Arbeitstechniken der Erforschung des Mittelalters einführen. Voraussetzungen für die erfolgreiche Teilnahme sind neben regelmäßiger Teilnahme und Vorbereitung das Bestehen der Abschlußklausur sowie die Anfertigung einer schriftlichen Hausarbeit, deren Thema im Laufe des Semesters abgesprochen werden kann.
Anmeldungen bitte nach Möglichkeit persönlich in meinen Sprechstunden oder auf einer im Sekretariat Prof. Herbers ausliegenden Liste. Auf die Vorlesung »Europa im Zeitalter der Ottonen‹ von Prof. Dr. Klaus Herbers sei besonders hingewiesen.
Lit.: H. W. Goetz, Proseminar Geschichte: Mittelalter [UTB Wissenschaft 1719], 1993; H. Beumann, Die Ottonen [Urban Taschenbuch 384], 21991.
3 SWS Vogel
Mo 14.30-17.00, PSG II R. 125 Beginn: 3. Mai
Thomas von Aquin; über das theoretische und das praktische Leben (de vita contemplativa – de vita activa) summa Theologica ii-ii; quaestiones 179-182
Thomas von Aquin behandelt in den letzten Quaestionen seiner Summa Theologiae das Thema der herausgehobenen christlichen Lebensformen (und der Stände eines christlichen Gemeinwesens). Er hat dieses Thema als erster in die theologische Systematik eingefügt, obgleich es zu seiner Zeit bereits eine lange christliche Tradition besaß, die von Bonaventura und Alexander von Hales bis zur lateinischen Patristik (Gregor den Großen, Augustinus) und in die frühe griechische Mönchstheologie (Euagrius Ponticus) zurückreichte und von dieser langen Tradition einmütig in der Offenbarung der alt- und neutestamentlichen Schriften verankert worrden war. In dieser Tradition ist es der Gedanke der unterschiedlichen Berufung des Menschen zu den Werken der Nächstenliebe in der Welt einerseits, zum unmittelbaren Dienst an Gott in Gebet, Meditation und Anbetung andererseits, der das Thema beherrschte.
Es war für die Hochscholastik in mehrfacher Hinsicht eine eminente Herausforderung, durch die Wiedergewinnung des »ganzen« Aristoteles ein Analogon dieser Unterscheidung der besten menschlichen Lebensformen in »heidnischer« Ausprägung in der Nikomachischen Ethik wiederzufinden.
Thomas stellt sich dieser Harausforderung. Er versucht, die philosophischen und die theologischen Konzepte einer vita activa und vita contemplativa in eine theoretisch überzeugende Synthese zu bringen, Aristoteles für die Begründung seines Konzepts zu benützen, und diese seine Synthese von einer »laizistischen« Rezeption aristotelischer Gedanken abzugrenzen. Seine Art christlich-theologischer Aristotelesrezeption gerät ihm hier zugleich zur Kritik bestimmter zeitgenössischer Strömungen christlicher Mystik, die dann in die sog. deutsche Mystik eingingen.
Die Arbeit im Seminar wird sich auf folgende Fragen konzentrieren:
2 SWS Forschner
Do 8.00-10.00, PSG I A 402 Beginn: 6. Mai
Luther und Staupitz
Johann von Staupitz (ca.1468-1524) war der Ordensvorgesetzte, Seelsorger, Lehrer und väterliche Freund Martin Luthers. Er hat den Jüngeren mit seiner streng biblischen und augustinischen Theologie nachhaltig geprägt, so wie dieser mit seinen reformatorischen Entdeckungen auch den Älteren in seinen Bann zog. Dieser Austausch zwischen spätmittelalterlicher und reformatorischer Theologie und Frömmigkeit in Gemeinsamkeit und Konflikt ist Thema des Seminars. Es soll damit deutlich werden, wie Luthers neue Theologie aus dem spätmittelalterlichen Kontext herauswächst.
Lit.: B. Hamm, Von der Gottesliebe des Mittelalters zum Glauben Luthers, in: Lutherjahrbuch 65, 1998, S.19-44.
2 SWS Hamm
Do 14.00-16.00, TSG H A Beginn: 6. Mai
Gerbert von Aurillac – Sylvester II. – Vom Gelehrten zum Papst
Mit Gerbert von Aurillac (um 950-1003), Abt von Bobbio, Erzbischof von Reims und Ravenna, schließlich als Silvester II. Papst, steht nicht nur eine der namentlich unter Otto III. politisch einflußreichsten, sondern auch die von Umfang und Nachwirkung ihrer literarischen Hinterlassenschaft her betrachtet geistesgeschichtlich wohl interessanteste Persönlichkeit des 10. Jahrhunderts im Mittelpunkt des Seminars. Erwartet werden regelmäßige Teilnahme und Mitarbeit sowie die Anfertigung einer Hausarbeit. Lateinkenntnisse erforderlich.
Lit.: Die Briefsammlung Gerberts von Reims, hg. von F. Weigle (MGH Briefe der deutschen Kaiserzeit 2, 1966); P. Riché, Gerbert d’Aurillac, Le Pape de l’An Mil (1987); Gerberto, Scienza, storia e mito (Archivum Bobiense, Studia 2, 1987).
2 SWS Herbers
Mi 16.00-18.00, KH 0.015 Beginn: 5. Mai
Mirakelberichte als Quellen zur Mentalitäts- und Alltagsgeschichte?
Mit den Miracula wird sich das Seminar einer von der Forschung lange Zeit insgesamnt geringgeschätzten Gruppe von Texten zuwenden, deren Aussagekraft besonders in mentalitäts- und geistesgeschichtlicher Hinsicht erst in jüngerer Zeit in den Blickpunkt gerückt worden ist. Anhand ausgewählter Texte sollen unterschiedliche Forschungsansätze nachvollzogen und exemplarisch diskutiert werden. Erwartet werden regelmäßige Teilnahme und Mitarbeit sowie die Anfertigung einer Hausarbeit. Lateinkenntnisse erforderlich.
Lit.: Études critiques d’Hagiographie et d’Iconologie (Subsidia Hagiographica 43, 1967); B. de Gaiffier, Hagiographie et historiographie – quelques aspects du problème, in: La storiografia altomedioevale 1 (Settimane di Spoleto 17, 1970), S.139-166 und S.176-196; M. van Uytfanghe, Modèles bibliques dans l’hagiographie, in: Le Moyen Age et la Bible, hg. von P. Riché / G. Lobrichon (1984), S.449-487; F. Wagner, Miracula/Mirakel, LexMA 6 (1993), S.656-659 (Lit.).
2 SWS Herbers/ Vogel
Di 16.00-18.00, PSG II R 125 Beginn: 4. Mai
Phantastische Missionsreisen im Orient: lateinische Fassungen apokrypher Apostelromane
Gegenstand des Hauptseminars sind apokryphe Berichte über die Schicksale, Reisen und Abenteuer der Apostel, über deren Verbleib aus der Apostelgeschichte des Lukas nur wenig oder nichts zu erfahren war (dazu gehören die Recognitiones des Ps. Clemens, die Actus s. Petri cum Simone, Thomas-Akten, Acta Andreae et Matthiae apud anthropophagos u.a.).
Lit.: R.A. Lipsius/ M. Bonnet, Acta apostolorum apocrypha, 3 Bde., 1891-1903 (ND Darmstadt 1959); F. Hennecke/ W. Schneemelcher, Neutestamentliche Apokryphen in deutscher Übersetzung, 2 Bde., Tübingen 61990; R. Söder, Die apokryphen Apostelgeschichten und die romanhafte Literatur der Antike, 1932 (ND Stuttgart 1969); Lexikon des Mittelalters I, S.759ff; Lexikon für Theologie und Kirche I, 31993 (Apostelgeschichte, apokryphe).
2 SWS Jacobsen
Di 14.00-16.00, PSG II R. 327 Beginn: 4. Mai
Wolfram von Eschenbach: Parzival
Wolframs »Parzival« im Spiegelkabinett der Wiedererzählungen betrachtet: Was verdankt Wolfram seinen späteren Kollegen Richard Wagner, Adolf Muschg, Werner Heiduczek, Auguste Lechner...?
Lit.: W. von Eschenbach, Parzival – Mhd/Nhd., Berlin: de Gruyter 1998; R. Wagner, Parsifal – Bühnenweihfeststpiel (Reclam); A. Muschg, Der rote Ritter (Suhrkamp); Werner Heiduczek, Die seltsamen Abenteuer des Parzival (Arena); August Lechner: Parzival.
Zugeordnete Lehrveranstaltung: Parzival wiedererzählt (Übung).
2 SWS Kugler
Di 18.00-20.00, B4A1 Beginn: 4. Mai
Chaucers »Canterbury Tales«; Sprach- und Literaturwissenschaftlich nachbetrachtet
Die Werke Geoffrey Chaucers, bereits zu seinen Lebzeiten außerordentlich beliebt und von William Caxton als Bestseller früh gedruckt, sollen in Referaten und begleitender Lektüre in einer Auswahl behandelt werden, die ihrer Gattungsvielfalt gerecht wird. Neben literaturwissenschaftlichen Fragestellungen sollen auch wichtige Aspekte von Chaucers Sprache untersucht werden. Für die Teilnahme vorausgesetzt werden sprachhistorische Grundkenntnisse.
Lit.: The Riverside Chaucer, ed. by L.D. Benson, 3rd ed., based on The Works of Geoffrey Chaucer, ed. by F.N. Robinson, New York 1987 (anzuschaffen); vorbereitende Lektüre: D. Mehl, Geoffrey Chaucer: An Introduction to his Narrative Poetry, Cambridge 1986.
2 SWS Lutz
Di 16.00-18.00, PSG I C 303 Beginn: 4. Mai
Meister Eckhart
Meister Eckhart, für den die Jahrhundertwende 1300 in die Lebensmitte fiel, war Schriftsteller, Philosoph, Theologe, Prediger und dabei der bedeutendste Kopf der deutschen Mystik. Seine Texte sind kurz, aber schwierig zu verstehen; man muß sich viel Hintergrundwissen erarbeiten, damit man weiß, worum es geht. Das Seminar strebt einen Überblick über Eckharts Werk und über die deutsche Mysik bis zum 14. Jahrhundert an.
Lit.: K. Ruh, Meister Eckhart, Theologe, Prediger, Mystiker, 2. überarb. Aufl. München 1989; K. Ruh, Geschichte der abendländischen Mystik, Bd. 3: Die Mystik des deutschen Predigerordens und ihre Grundlegung durch die Hochscholastik. München 1996; U. Störmer-Caysa, Entrückte Welten, Einführung in die mittelalterliche Mystik, Leipzig 1998; Die Texte Eckharts lesen wir in der kritischen Ausgabe: Meister Eckhart, Die deutschen Werke, Die lateinischen Werke, Stuttgart, Kohlhammer 1936ff. (in der Seminarbibliothek vorhanden; das zu besprechende Korpus ab 1.4. als Kopiervorlage in der Bibliothek).
3 SWS Störmer-Caysa
Mi 15.45-18.15, B4A1 Beginn: 5. Mai
Minnesang und Spruchdichtung
Lyrik im Mittelalter: das bedeutet für die Germanisten immer einerseits »Minnesang«, also gesungene Liebesdichtung, und andererseits »Sangspruchdichtung«, also das Sprechen über alles, was nicht Liebe ist, also Religion und Moral und Politik. Dieses Sprechen allerdings geschieht ebenfalls als Singen. Daher der paradoxe Terminus »Sang-Spruch«. Die romanischen Literaturen, welche für die deutschsprachige Lyrik des Mittelalters weithin vorbildlich waren, kennen diese strikte Dichotomie der Gattungen nicht. Handelt es sich um einen deutschen Sonderweg im Mittelalter? Oder um ein nationalistisches Ideologem der deutschen Philologie? Die Frage soll an den Texten und anhand der Sekundärliteratur untersucht werden.
Lit.: Irgendeine Ausgabe von: Minnesangs Frühling und von W. von der Vogelweide; weitere Literatur in: G. Schweikle, Minnesang, Stuttgart 1990 (=Sammlung Metzler 244); Helmut Tervooren; Sangspruchdichtung, Stuttgart 1995 (=Sammlung Metzler 293).
3 SWS Wyss
Di 9.00-11.30, B 202 Beginn: 5. Mai
Neuere Forschungen zur neuen Kirchengeschichte
Zweitägige Exkursion zum Kloster Andechs (18./ 19. Juni 99): »Reliquienverehrung, Heiltum und Ablaß im Spätmittelalter«
Inhalt:
• Werkstattberichte zu laufenden Forschungen und
• aktuellen Fragestellungen aus dem Zeitraum 1400-1945
• Möglichkeit zu ausgiebiger Diskussion
• interdisziplinärer Ansatz
auch Referenten/ Referentinnen aus anderen Fakultäten
3 SWS Hamm
Di 19.15-21.30 (14täglich), Villa WEH Beginn: 11. Mai
Die mittelalterliche Stadt und ihre geistlichen Institutionen: Quellen und Forschungen
Die Bezüge zwischen Kirche, Frömmigkeit und Stadt waren im Mittelalter so eng und vielfältig, daß die urbane Gesellschaft in der Forschung häufig als eine »Sakralgemeinschaft« bezeichnet worden ist und jüngst eine »kirchliche Stadtgeschichtsschreibung« eingefordert wurde. Anhand der Lektüre ausgewählter Quellen und neuerer Beiträge sollen diese Beziehungen verdeutlicht, der Umgang mit mittelalterlichen Texten geübt sowie neue Wege der Forschung kennengelernt und besprochen werden.
Lit.: E. Isenmann, Die deutsche Stadt im Spätmittelalter 1250-1500. Stadtgestalt, Stadtregiment, Kirche, Recht, Gesellschaft, Wirtschaft (UTB Große Reihe, 8041), Stuttgart 1988; Stadt und Kirche (Beiträge zur Geschichte der Städte Mitteleuropas 13), hg. v. F.-H. Hye, Linz 1995; . Grundherrschaft – Kirche – Stadt zwischen Maas und Rhein während des hohen Mittelalters, hg. v. A. Haverkamp/ F. G. Hirschmann (Trierer Historische Forschungen, 37), Zürich 1997.
2 SWS Jaspert
Do 16.00-18.00, KH 1.021 Beginn: 6. Mai
Parzival wiedererzählt. Übung zum Hauptseminar
2 SWS Kugler
Di 20.00-22.00, B 4A1 Beginn: 11. Mai
Lektüre altenglischer Texte
Diese Übung soll neben der Vertiefung der sprachlichen Kenntnisse des Altenglischen durch intensive, sorgfältige Lektüre auch der Erarbeitung wichtiger Aspekte der altenglischen Kultur dienen; die Textauswahl soll beiden Zielen gerecht werden.
Lit.: B. Mitchell, F.C. Robinson, A Guide to Old English, 5th ed., rev. with prose and verse texts and glossary, Oxford 1992 (anzuschaffen); weitere Texte werden in Kopie bereitgestellt.
2 SWS Lutz
Mi 14.00-16.00, PSG I C 303 Beginn: 5. Mai
Thomas Morus; Utopia
Die »Utopia« Thomas Mores – der Titel der Löwener Erstausgabe von 1516 lautet freilich umständlicher »Libellus vere aureus nec minus salutaris quam festivus de optimo reipublicae statu deque nova insula Utopia« – ist sicherlich der populärste neulateinische Text überhaupt, der über die Jahrhunderte ein ebenso reiches wie kontroverses Nachleben entfaltete. In der Übung wird nicht nur Mores Erzähler Raphael Hythlodaeus zu Wort kommen, sondern auch der seltener beachtete, gesellschaftskritische erste Teil des »libellus« traktiert werden. Kursorisch sollen weitere neulateinische Utopien, die unter Mores Einfluß stehen, gestreift werden: die »Christianopolis« des Johann Valentin Andreae (1619), die »Civitas solis« Tommaso Campanellas (1623; zuerst 1602/3 in italienischer Fassung) und die »Nova Atlantis« Francis Bacons (1627 engl., 1638 lat.).
Lit.: Th. More, Utopia, Latin Text and English Translation, ed. by G.M. Logan/ R.M. Adams/ C.H. Miller, Cambridge 1995; The Complete Works of Saint Thomas More, Vol. 4 Utopia, edd. E. Surtz/ J.H. Hexter, New Haven-London 1965 (Kopien werden zur Verfügung gestellt); B. Kytzler, Zur neulateinischen Utopie, in: Utopieforschung, Interdisziplinäre Studien zur neuzeitlichen Utopie, Bd. 2, hrsg. v. W. Voßkamp, Stuttgart 1982, S.197-209.
2 SWS Orth
Mo 16.00-18.00, PSG II R. 327 Beginn: 3. Mai
Forschungskolloquium zur mittelalterlichen Geschichte
2 SWS Herbers
Mi 18.00-20.00 (14täglich), PSG II R 422 Beginn: 12. Mai
Diskussion wissenschaftlicher Arbeiten
In diesem Seminar begrüßen wir drei auswärtige Gäste: Frau Professor Müller-Oberhäuser (Buchwissenschaft, Münster) mit einem Vortrag zum englischen Titelblatt, Herrn Professor Paul G. Hoftijzer (Book and Publishing Studies, Leiden), der über den niederländischen Buchhandel des 17. Jahrhunderts sprechen wird, und Herrn Professor André Schnyder (Mediävistik, Bern). Im Zusammenhang mit seinem Vortrag wird Herr Schnyder eine Seminarsitzung mit buchwissenschaftlichen Themen in der »Hexenhammer«-Forschung gestalten: der »Malleus maleficarum« im Rechnungsbuch des Peter Drach sowie Titelblätter des »Malleus« im 16. und 17. Jahrhundert. In den weiteren Sitzungen stellen Magister- und Promotionskandidaten ihre entstehenden oder gerade abgeschlossenen Arbeiten vor.
2 SWS Rautenberg
Do 11–13Uhr, KH 1.021 Beginn: 6. Mai
»Inmitten der Katastrophen unseres niedergehenden Jahrhunderts...« – Die Ordnung der Rede von der Hexerei, ihre Autoren, ihr Publikum im »Hexenhammer« von 1487
Anhand von textinternen und äußeren Befunden wird vorab untersucht, wie der erste mit systematischen und enzyklopädischen Ambitionen verfaßte Hexereitraktat gestaltet ist; sodann richtet sich der Blick auf die Spuren der Autoren im Buch und schließlich wird gefragt, welches Publikum mit welchen Mitteln in diesem Werk anvisiert wurde.
Do, 8.7.1999, 20 Uhr Schnyder
Der Vortragsort wird rechtzeitig mit einem Anschlag
am Schwarzen Brett in der Harfenstraße (Buchwissenschaft) bekanntgegeben.
Das Titelblatt im englischen Inkunabel- und Frühdruck
Der Vortag skizziert die Anfänge des Titelblatts in England sowie seine Weiterentwicklung in der Frühdruckzeit bis ca. 1520 auf der Grundlage einer Beschreibung ausgewählter Titelblätter und unter besonderer Berücksichtigung der Diskussionen um die Funktionen des Titelblatts.
Do, 20.5.1999, 11-13 Uhr, KH 1.021 Müller-Oberhäuser