Kommentiertes Vorlesungsverzeichnis WS 1999/2000

Germanistische Mediävistik
Mittelalterliche Geschichte
Mittellateinische Philologie
Musikwissenschaft
Philosophie
Orientalistik
Anglistik
Nordistik
Romanistik
Kunstgeschichte
Buchwissenschaft
Rechtsgeschichte
Medizingeschichte
Historische Theologie
Politische Wissenschaften

Germanistische Mediävistik


– Hartmut Kugler: Deutsche Literatur vor dem Jahr 1000 In den Jahrhunderten vor der ersten Jahrtausendwende kam die deutsche Literatur recht mühsam in Gang, mit Pausen, Abbrüchen, Neuanfängen. Gehversuche einer mit lateinischen Lettern entwickelten Schriftkultur. Die Vorlesung versucht einen Überblick.

Vorlesung, Di, 11–13 Uhr, KH 1.011 Beginn: 9.11.1999

– Ulrich Wyss: Lyrik des Mittelalters Nach 1100 setzt mit dem Minnesang in den Volkssprachen des Mittelalters eine neue Epoche ein. Es gibt jedoch lyrische Formen schon vorher: Gebete, Litaneien, Zaubersprüche; und Fürstenpreislieder, Scherzgedichte, balladeske Legenden... Diese kurzen Stücke, in Latein und in den Vulgärsprachen seit dem Beginn des Mittelalters, sollen ebenso untersucht werden wie die großen Formen im Hoch- und Spätmittelalter.

Vorlesung, Mo, 11–13 Uhr, KH 2.019 Beginn: 8.11.1999

– Friedrich Michael Dimpel: Wolfram von Eschenbach: Parzival Wolframs von Eschenbach »Parzival« ist eines der vielschichtigsten Werke in der mittelalterlichen Literatur. Während die eigentliche Parzival-Handlung bestens erforscht ist, finden die Gawan-Partien oft – allerdings zu unrecht – weniger Beachtung. Dieses Seminar will auf die Gawan-Handlung den Schwerpunkt setzen. Das Verhältnis von minne und rîterschaft soll im Kontext des Gesamtwerkes beleuchtet werden, aber auch vor dem Hintergrund anderer Artus-Romane. Wir wollen in jeder Sitzung eine Textpassage übersetzen und ausgewählte Forschungsfragen erörtern. Ich setze voraus, daß Sie vor dem Beginn des Seminars den Parzival gelesen haben, notfalls in der Übersetzung von Peter Knecht.

Literatur: Wolfram von Eschenbach, Parzîval, hrsg. v. Karl Lachmann, Berlin, Leipzig 61926; Wolfram von Eschenbach, Parzival. Aus dem Mittelhochdeutschen von Peter Knecht, Frankfurt am Main 1993; J. Bumke, Wolfram von Eschenbach, Stuttgart 61991 (Sammlung Metzler); Chrétien de Troyes. Perceval. Altfranzösisch/Deutsch. Übersetzt und herausgegeben von Felicitas Olef-Krafft, Stuttgart 1991 (=RUB 8649[9]).

Proseminar, Do, 13–15 Uhr, B4A1 Beginn: 4.11.1999

– Michael Klaper: Oswald von Wolkenstein Siehe Kommentar bei »Musikwissenschaft«

Proseminar, Vorbesprechung: 8.11.1999, 18–20 Uhr

– Manfred Lautenschlager:Literatur am Münchner Hof: Ulrich Fuetrers Lannzilet Da keiner der großen Autoren der »Staufischen Klassik« die Geschichte Lanzelots in deutsche Verse brachte, ist dieses Erzählgut der romanischen Weltliteratur in unserem Bewußtsein weitgehend verschüttet geblieben. Zwar ist die Prosaversion dieses, neben dem »Tristan« größten Roman des Mittelalters dann bald auch ins Deutsche übersetzt worden, doch schien die Virulenz der Thematik zugunsten anderer verspielt gewesen zu sein. Doch 250 Jahre später greift ein Künster, er ist Maler von Hauptberuf, diese Matière wieder auf und dichtet sie, der deutschen Prosavorlage folgend, in der Manier der neuen italienischen Versepik, in Strophen um. Dabei nimmt der »Lannzilet« eine neue Stelle ein in einem großen Gesamtgefüge von einem »Buch der Abenteuer«, wie wir es seit kurzer Zeit wieder in seiner Gesamtheit studieren können.

Literatur: U. Fuetrer, Lannzilet, aus dem »Buch der Abenteuer« Str. 1–1122, Tübingen 1989 (ATB 102); U. Fuetrer, Lannzilet, aus dem »Buch der Abenteuer«, Str. 1123–6009, Paderborn u.a. 1996; Lancelot und Ginover (Prosa-Lancelot I u. II), übersetzt, kommentiert und hrsg. v. H.-H. Steinhoff, Frankfurt am Main 1995; Lancelot do Lac, hrsg. v. E. Kennedy, Oxford 1980; Lancelot, hrsg. v. Alexandre Micha, Bd. I-VI, Paris 1978–80; B. Bastert, Der Münchner Hof und Fuetrers »Buch der Abenteuer«, Literarische Kontinuität im Spätmittelalter, Frankfurt am Main u.a. 1993.

Proseminar, Fr, 9–11 Uhr, B 202 Beginn: 5.11.1999

– Winfried Neumann: Hans Sachs Hans Sachs dürfte der einzige deutschsprachige Autor des 16. Jahrhunderts sein, dessen Werke noch – meist von Schultheatern – aufgeführt werden. Grund genug für eine Beschäftigung mit dem literarisch ambitionierten Schuhmacher. Es soll im Seminar versucht werden, sich seinem Werk und seiner Zeit, den Produktionsbedingungen und Rezeptionsverhältnissen anzunähern. Meistersinger und Singschulen, Fastnachtsspiele und Tragedies, Reformations- und Handwerkerdichtung sind Begriffe, die es zu erschließen gilt. Aufgrund des umfassenden Interesses von Sachs sollte es möglich sein, einen allgemeinen Überblick über Literatur und Zeitströmungen des 16. Jahrhunderts zu erreichen.

Proseminar, Do, 11–13 Uhr, B4A1 Beginn: 4.11.1999

– Dietmar Peschel-Rentsch: Dietrich-Epik Die Geschichten um einen sagenhaften Theoderich von Verona (= Dietrich von Bern) sind wohl der einzige literarische Stoff, der im Mittelalter in deutscher Sprache ohne romanische Vorbilder erfunden wurde (wenn wir von Nibelungenlied und dem Kudrunepos absehen). Die Gattung ist umfangreich. Wir wollen versuchen, wenigstens zwei Erzählungen zu studieren: Biterolf und Dietleip, Der Rosengarten. Besonderes Augenmerk soll auf den erzählerischen Umgang mit Gewalt unter Menschen gerichtet sein.

Literatur: Die Texte, die nicht mehr zu kaufen sind, beschaffen wir gemeinsam zu Beginn des Semesters. Zu Vorbereitung und Studium: Die entsprechenden Artikel (Titel) im Verfasserlexikon; J. Heinzle, Mittelhochdeutsche Dietrichsepik. Untersuchungen zur Tradierungsweise, Überlieferungskritik und Gattungsgeschichte später Heldendichtung, Zürich, München 1978. Sie brauchen außerdem eine Ausgabe des mittelhochdeutschen Taschenwörterbuchs von Matthias Lexer.

Proseminar, Di, 16–18 Uhr, B4A1 Beginn: 9.11.1999

– Dietmar Peschel-Rentsch:Der Lyriker Heinrich von Morungen Der Thüringer Heinrich von Morungen hat seine Kompositionen Ende des 12., Anfang des 13. Jahrhunderts geschaffen. Seine mehr als dreißig überlieferten Lieder gehören zur besten deutschsprachigen Lyrik – nicht nur des Mittelalters.

Literatur: Heinrich von Morungen. Lieder, Text, Übersetzung, Kommentar von H. Ter-vooren, Stuttgart 1975. Sie brauchen außerdem eine Ausgabe des mittelhochdeutschen Taschenwörterbuchs von Matthias Lexer.

Proseminar, Di, 9–11 Uhr, B4A1 Beginn: 9.11.1999

– Dietmar Peschel-Rentsch: Mittelalterliche Liebesromane Eigener Stoffkomplex (neben der Dichtung über antike Stoffe, Taten Karls des Großen, seiner Paladine und den Nachfolgern, Abenteuern der Artusritter) nach spätantiken und romanischen Vorbildern. Muster: Ein Liebespaar findet sich, wird auseinandergerissen und findet sich nach lebensgefährlichen Abenteuern zum happy-ending wieder.

Literatur: Die Texte beschaffen wir gemeinsam zu Beginn des Semesters. Wir wollen studieren: Flore und Blanscheflur; Mai und Beaflor. Zur Vorbereitung: Die entsprechenden Artikel (Titel) im Verfasserlexikon. Sie brauchen eine Ausgabe des mittelhochdeutschen Taschenwörterbuchs von Matthias Lexer.

Proseminar, Mi, 14–16 Uhr, B4A1 Beginn: 3.11.1999

– Silke Philipowski: Fleisch, Aura, Identität: Der Körper im Mittelalter Was bedeuten in mittelhochdeutschen Texten Formulierungen wie: »got gehazze iemer sînen lîp«, »min eines hand«, »an sînem lîbe«? Wenn bsw. im »Iwein« zu lesen ist: »der jâmer nach dem wibe, / der benâm sînem lîbe / vil gar vreude und den sin« – wem werden dann vreude und sin genommen? Iwein? Seinem Körper? Oder trifft diese Differenzierung hier womöglich gar nichts, weil die Kategorie »Körper« historisch ist und im Mittelalter noch nicht existiert? In der Literatur des Mittelalters jedenfalls steckt die »Person« noch ganz in ihrem Leib. Der Körper ist es, der Siege erringt, der Gewaltbereitschaft oder Friedfertigkeit signalisieren und herstellen kann. Der Leib, der erst durch Schmuck, Kleidung und Waffen zum Körper wird, kann (als Zeichen?) gelesen und verstanden werden. Begriffe wie »Erotik« und »Liebe« werden in dieser Perspektive zu überaus problematischen Terminologien. Denn wer in mittelalterlichen Texten nach »Identität« sucht, fällt immer wieder auf einen objektiven Leib zurück, der weniger Träger von Subjektivität als von Kollektivität, von Öffentlichkeit ist.

Ein qualifizierter Schein wird durch ein Referat und eine Kurzhausarbeit erworben.

Literatur: E. Kantorowicz, Die zwei Körper des Königs. Eine Studie zur politischen Theologie des Mittelalters, Stuttgart 1994.

Proseminar, Do, 15.45–17.15 Uhr, B 302 Beginn: 4.11.1999

– Ulrich Wyss: Vers und Prosa in der mittelalterlichenLiteratur Ob ein Text in Versen oder in Prosa geschrieben wird, ist nicht dem Zufall überlassen. Seltsamerweise finden sich am Beginn der vulgärsprachlichen Überlieferung in den meisten Literaturen eher Verse als Prosatexte. Auch die Nacherzählungen der Heiligen Schrift zum Beispiel werden oft in Versen artikuliert. Und Prosaromane gibt es erst nach 1200. Im Seminar sollen, an ausgewählten Beispielen, die Regeln für das Schreiben in Vers und in Prosa in der mittelalterlichen Literatur herauspräpariert werden. Ein Lehrbuch, das diese Problematik darstellen würde, gibt es bisher nicht. Wir werden uns eine einschlägige Anthologie selber zusammenstellen müssen.

Proseminar, Mi, 9–11 Uhr, B4A1 Beginn: 3.11.1999

– Hartmut Kugler: Vom Jüngsten Gericht, Muspilli und andere Texte vom Weltuntergang Immer um Jahrhundertwenden herum kommen Endzeitvorstellungen in Mode. Wie die vor nicht ganz 1000 Jahren ausgesehen haben, wird im Seminar zu studieren sein. Es wird als Blockseminar angelegt: vier lange Abende, eventuell auch an einem Ort, wo sich übernachten läßt. Voranmeldung spätestens im Oktober ist erbeten (Sekretariat Frau Asham, Zi. B4A3).

Hauptseminar, Do, 20–23 Uhr, B 301 Beginn: 11.11.1999

– Christoph März: Romanische und mittelhochdeutsche Lyrik des Mittelalters »Komparatistik« behauptet, man könne Literaturen vergleichen – wie dies? Ehedem galt der Frage nach dem Einfluß der provenzalisch-französischen Lyrik auf den deutschen Minnesang besonderes Augenmerk, weil die Entdeckung von Kontrafakturen die verlorenen Melodien den deutschen Texten zurückzubringen versprach. So richtete sich das Interesse wesentlich auf formale Bestimmungen der Lieder. In diesem Seminar soll zum einen eine Bilanz dieser Forschung gezogen und deren Perspektiven bedacht werden, es werden aber auch neuere Überlegungen zum Minnesang – von seinen Anfängen bis zu Oswald von Wolkenstein – im Licht eines »sprachenüberschreitenden raffinierten Spiels« (Willaert) besprochen.

Literatur: Eine Ausgabe von »Minnesangs Frühling« sollte zur Hand sein; empfohlen werden die beiden zweisprachigen Reclam-Bändchen: Mittelalterliche Lyrik Frankreichs I und II, hrsg. und übers. v. D. Rieger; zur Kontrafaktur: I. Frank, Trouvères et Minne-sänger, 1952; die Aufsätze von H. Spanke, F. Gennrich und U. Aarburg in: Der deutsche Minnesang, hrsg. von H. Fromm, 1972 (Wege der Forschung 15); H.-H. Räkel, Der deutsche Minnesang, 1986; G. Schweikle, Minnesang, 1989 (Sammlung Metzler; mit Bibliographie).

Hauptseminar, Mi, 15.45–18.15 Uhr, B4A1 Beginn: 3.11.1999

– Ulrich Wyss: Gottfried von Straßburg, Tristan Dieser Tristanroman gehört zum Kanon der Weltliteratur im mittelalterlichen Europa. Er formuliert den Mythos von der Liebe als tragischer Passion – eines der wenigen Themen, die das Mittelalter neu erfunden zu haben scheint. Gottfrieds mittelhochdeutscher Roman wird mit seiner altfranzösischen Vorlage und den anderen Fassungen des Stoffs zu vergleichen sein.

Literatur: Besonders empfehlenswert: Gottfried von Straßburg, Tristan. Nach der Ausgabe von R. Bechstein, hrsg. von P. Ganz, 2 Bde., Wiesbaden 1978. Sie bietet eine ausgezeichnete Einführung und vor allem einen nutzbringenden Kommentar zum Text. Benutzen lassen sich die anderen Ausgaben aber auch.

Hauptseminar, Di, 9.00–11.15 Uhr, B 202 Beginn: 9.11.1999

– Hartmut Kugler: Kolloquium für Doktoranden und Examinanden Im Entstehen befindliche Zulassungs-, Magister- und Doktorarbeiten werden vorgestellt und diskutiert. Anmeldung spätestens im Oktober ist erbeten (Frau Asham, Zi. B4A3).

Kolloquium, Di, 18–20 Uhr, B4A1 Vorbesprechung: 9.11.1999
 
 

Mittelalterliche Geschichte

– Klaus Herbers: Geschichte Spaniens im Mittelalter Die Vorlesung gibt einen Überblick über die Geschichte der Iberischen Halbinsel, deren Bedeutung man im Mittelalter als »Drehscheibe« bezeichnen kann. Im spätantik/frühmittelalterlichen Westgotenreich erfolgte eine wesentliche Konzentration und Weitervermittlung antiker Bildung an das Mittelalter, im hohen Mittelalter sorgte der Austausch zwischen arabisch-muslimischer und christlich-hispanischer Welt dafür, daß ein großangelegter Wissensaustausch begann, von dem die anschließend entstehenden Universitäten im hohen Maße profitieren sollten. Schließlich wurde die Iberische Halbinsel zum Ende des Mittelalters, als die sogenannten Entdeckungsfahrten neue Länder und Völker erschlossen, zu einem wichtigen Ort zwischen Alter und Neuer Welt. Begleitend zum Hauptseminar findet ein Tutorium statt (Mo, 14-16 Uhr, KH 0.020; erster Termin: 8.11.1999, D. Arnold)

Literatur: J. F. O’Callaghan, A history of medieval Spain, Ithaca u.a. 21987; L. Vones, Geschichte der Iberischen Halbinsel im Mittelalter (711–1480). Reiche, Kronen, Regionen, Sigmaringen 1993; B. F. Reilly, The medieval Spains, Cambridge u.a. 1993.

Vorlesung, Di, 11–13 Uhr, KH 0.011 Beginn: 9.11.1999

– Stuart Jenks: Reichsgeschichte 1250–1346 Auch wenn das sog. Interregnum (1250–73) entgegen der Ansicht der habsburgischen Publizistik sowie der Historiker des 19. Jahrhunderts keine königslose Zeit war, stellt es dennoch eine Zäsur in der Reichsgeschichte dar. Aber nicht nur der Zusammenbruch der Stauferherrschaft prägte die Zeit. Während des ersten nachstaufischen Jahrhunderts kam es auch zur Entstehung des Kurfürstentums, zu einer neuen Konzeption des Königtums und zu erbitterten Konflikten mit der Kurie über die Tragweite der Königswahl. Die verfassungsrechtlichen Entwicklungen dieser Zeit, die z.T. jahrhundertelang nachwirkten, werden im Mittelpunkt der Vorlesung stehen.

Weitere Informationen (u.a. die bekannten »Spickzettel«) unter http://www.phil.uni-erlangen.de/~p1ges/netzvorl/rvhldb.html. Wer eine PhilFak-CIP-Kennung hat, kann diese Spickzettel im Historiker-CIP-Raum (Kochstr. 4 Zi. 322) aus dem Netz abrufen, einsehen und auf Diskette abspeichern. Wer eine solche Kennung noch nicht hat, kann sie in wenigen Minuten am Helpdesk (Theologie, Keller: Hinweisschilder folgen!) kostenlos erhalten.

Wichtiger Hinweis: Vorbehaltlich der Finanzierung werden auch im WS 1999/2000 zwei Tutorien zu dieser Vorlesung abgehalten werden (Di 14–16 Uhr und 16–18 Uhr). Die Erfahrungen im SS 1999 haben gezeigt, daß Anfänger ebenso wie Examenskandidaten von der Chance profitieren, die in der Vorlesung vorgestellten Quellen und Probleme vertiefend zu erörtern und somit ein weiteres »Standbein« im Mittelalter zu erwerben.

Literatur: H. Thomas, Deutsche Geschichte des Spätmittelalters 1250–1500, Stuttgart 1983.

Vorlesung, Mo, 9–11 Uhr, KH 2.019 Beginn: 8.11.1999

– Nikolas Jaspert: Das Mittelmeer als Handelsraum (1100–1500) Proseminare führen in Methoden und Arbeitstechniken historischer Arbeit ein. Dies soll exemplarisch anhand eines geographischen Raumes geübt werden. Im Verlauf des Hoch- und Spätmittelalters mußte das Mittelmeer erst allmählich seinen Charakter als Kontaktzone wiedergewinnen, den es aus christlicher Perspektive infolge der muslimischen Eroberungen des Frühmittelalters verloren hatte. Dieser Prozeß soll im Seminar verfolgt werden, wobei weniger die Handelstechniken im Vordergrund des Interesses stehen als der Raum selbst – seine Handelszentren, seine Waren und seine Kaufleute. Die Folgen politischer Wandlungen für Handel und Wirtschaft, aber auch umgekehrt der Einfluß wirtschaftlicher Kontakte auf Kultur und Politik des Mittelalters sollen anhand zeitgenössischer Quellen untersucht werden.

Literatur: A. Schaube, Handelsgeschichte der romanischen Völker des Mittelmeergebiets bis zum Ende der Kreuzzüge, München 1906; E. Ashtor, East-west trade in the medieval Mediterranean (Collected studies series 245), London 1986; F. Braudel, Das Mittelmeer und die mediterrane Welt in der Epoche Philipps II. (Handbuch der mittelalterlichen und neueren Geschichte 3-5), 3 Bde., Frankfurt am Main 1992–1994; D. Abulafia, Commerce and conquest in the Mediterranean: 1100–1500 (Collected studies series 410), Aldershot u.a. 1993.

Proseminar, Do, 13-15.30 Uhr, PSG II R. 122 Beginn: 4.11.1999

– Nikolas Jaspert: Oberdeutsche Reichsstädte im Vergleich Die oberdeutschen Reichsstädte waren im Mittelalter nicht nur für das Gefüge des römisch-deutschen Reiches, sondern auch als Wirtschafts- und Kulturzentren von außerordentlicher Bedeutung. In einem vergleichenden Ansatz soll eine ganze Gruppe solcher Städte – vom mächtigen Nürnberg bis zu Mittel- und Kleinstädten – in den Blick genommen werden, um sowohl ihre Vielgestaltigkeit als auch ihre Eigentümlichkeiten zu erkennen. Dabei wird die Beziehung zwischen der inneren Verfassung dieser Gemeinwesen und ihrer »Außenwirkung« eine besondere Rolle spielen. Die Arbeitsgrundlage bilden ausgewählte Quellen, anhand derer allgemeine Methoden und Arbeitstechniken der Geschichte des Mittelalters erlernt oder geübt werden sollen.

Literatur: P.-J. Heinig, Reichsstädte, Freie Städte und Königtum 1389–1450: ein Beitrag zur deutschen Verfassungsgeschichte (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz 108 =Beiträge zur Sozial- und Verfassungsgeschichte des Alten Reiches 3), Wiesbaden 1983; Fränkische Reichsstädte, hrsg. v. W. Buhl, Würzburg 1987;E. Isenmann, Die deutsche Stadt im Spätmittelalter 1250–1500. Stadtgestalt, Stadtregiment, Kirche, Recht, Gesellschaft, Wirtschaft (UTB – Große Reihe, 8041), Stuttgart 1988; E. Holtz, Reichsstädte und Zentralgewalt unter König Wenzel: 1376–1400 (Studien zu den Luxemburgern und ihrer Zeit 4), Warendorf 1993.

Proseminar, Fr, 10–12.30 Uhr, PSG II R. 125 Beginn: 5.11.1999

– Stuart Jenks: Der staufisch-welfische Streit Die Regierungszeit Friedrich Barbarossas (1152–90) gehört zu den wichtigsten Epochen der Reichsgeschichte im Mittelalter. Als zentrale, innere Auseinandersetzung während dieser Jahre gilt handbuchmäßig der Konflikt zwischen dem Königshaus und den mit ihm konkurrierenden Welfen, was freilich bereits zur Zeit von Friedrichs Vorgänger Konrad III. begonnen hatte. Es wird Aufgabe des Seminars sein, diese Auffassung kritisch zu durchleuchten. Neben der unerläßlichen Einführung in das »Handwerkszeug des Historikers« wird sich das Proseminar mit Ursprung und Verlauf dieser verfassungsrechtlich gewichtigen Auseinandersetzung befassen, also mit der Zeit zwischen 1125 und 1235.

Literatur: O. Engels, Die Staufer (Urban-Taschenbuch 154), Stuttgart 41989, oder spätere Auflage: zur Anschaffung empfohlen.

Proseminar, Di, 13–16 Uhr, KH 0.020 Beginn: 2.11.1999

– Bernhard Vogel: Isidor von Sevilla Bischof Isidor von Sevilla (gest. 636) zählt zu den bedeutendsten frühmittelalterlichen Autoren und symbolisiert mit seinem Œuvre gleichsam die Verschmelzung von Christentum und römischer Antike, aus der die geistigen Grundlagen des Mittelalters erwuchsen; daneben steht sein politisches Wirken im Westgotenreich von Toledo. Anhand ausgewählter Quellentexte, für deren Lektüre Lateinkenntnisse erforderlich sind, wird das Seminar die politischen Entwicklungen der sogenannten Völkerwanderungszeit im südwesteuropäischen Raum und die Bandbreite von Isidors Werk in den Blick nehmen und dabei in die methodischen Grundlagen und Arbeitstechniken der Erforschung des Mittelalters einführen.

Anmeldungen bitte nach Möglichkeit persönlich in meinen Sprechstunden oder auf einer im Sekretariat Prof. Herbers ausliegenden Liste. Auf die Vorlesung zur Geschichte Spaniens im Mittelalter von Prof. Dr. Klaus Herbers sei besonders hingewiesen.

Literatur: H. W. Goetz, Proseminar Geschichte: Mittelalter, 1993 (UTB Wissenschaft 1719, zur Anschaffung empfohlen); Marc Reydellet, Isidor von Sevilla, in: Gestalten der Kirchengeschichte 3: Mittelalter 1, hrsg. v. M. Greschat, 1983, S. 47-57.

ProseminarMo, 14.30–17 Uhr, Bismarckstr. 12, R. 1.313 Beginn: 8.11.1999

– Klaus Herbers: Alfons X., Friedrich II., Ludwig der Heilige.»Modernisierung« im 13. Jahrhundert? Anhand dreier wichtiger Herrscher des 13. Jahrhunderts wollen wir im Hauptseminar der Frage nachgehen, inwieweit Modernisierungsprozesse in Süditalien, Spanien und Frankreich im 13. Jahrhundert festzustellen sind. Dabei dürfte nicht nur das persönliche Profil dieser Herrscher eine Rolle spielen, sondern auch das Umfeld, das ihre Herrschaftsgebiete für neue Einflüsse besonders empfänglich machte.

Literatur: D. Abulafia, Herrscher zwischen den Kulturen: Friedrich II. von Hohenstaufen, übers. v. K. H. Siber, Frankfurt am Main, Wien 1992; Friedrich II. Tagung des Deutschen Historischen Instituts in Rom im Gedenkjahr 1994 =Federico II, hrsg. von Arnold Esch, Tübingen 1996 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 85); J. Le Goff, Saint Louis, Paris 1996; J. F. O’Callaghan, The learned king; the reign of Alfonso X of Castile, Philadelphia 1993.

Hauptseminar, Mi, 14.30–16 Uhr, PSG II R. 422 Beginn: 3.11.1999

– Stuart Jenks: Das Interregnum und seine Folgen Auch wenn das sog. Interregnum (1250–73) entgegen der Ansicht der habsburgischen Publizistik sowie der Historiker des 19. Jahrhunderts keine königslose Zeit war, führte es zu grundlegenden Änderungen der Reichsverfassung. Unter anderem sind in dieser Zeit das Kurfürstentum sowie der Anspruch des Pfalzgrafen bei Rhein auf die Reichsverweserschaft entstanden. Darüber hinaus führte das Fehlen einer starken Königsmacht nach dem Ende der Stauferherrschaft zum Aufkommen der Ratsherrschaft in den bislang von der Krone stramm regierten süddeutschen Königsstädten sowie zur Festigung der Landesherrschaft in den Territorien. Aufgabe des Hauptseminars wird es sein, diese kritische Wendezeit aus reichs- wie regionalgeschichtlicher Perspektive zu ergründen.

Hauptseminar, Mo, 11–13 Uhr, PSG II R. 125 Beginn: 8.11.1999

– Klaus Herbers: Kolloquium zu Problemen der Mittelalterlichen Geschichte Im Oberseminar werden die wissenschaftlichen Arbeiten der Teilnehmer und Teilnehmerinnen vorgestellt und Forschungsprobleme diskutiert. Die Examenskandidaten und Doktoranden werden vom Dozenten persönlich eingeladen.

Oberseminar, 14täglich, Di, 18–20 Uhr, PSG II R. 125 Beginn: 9.11.1999

– Klaus Herbers/Bernhard Vogel: Mirakelberichte alsQuellen zur Mentalitäts- und Alltagsgeschichte? Die Übung will durch die Lektüre ausgewählter Texte in Anknüpfung an das Hauptseminar vom vergangenen Semester (dessen Besuch nicht Voraussetzung zur Teilnahme an der Übung ist!) die Fragen nach dem Quellenwert der Mirakelsammlungen vertiefen und Fragen ihrer kommentatorischen Aufbereitung diskutieren. Zur erfolgreichen Teilnahme sind gute Lateinkenntnisse erforderlich. Erwartet werden regelmäßige Mitarbeit und Präparation der Quellentexte, teilweise in Form von Referaten. Anmeldungen bitte nur in den Sprechstunden von Herrn Vogel oder von Prof. Herbers.

Literatur: B. de Gaiffier, Hagiographie et historiographie – quelques aspects du problème, in: La storiografia altomedievale 1 (Settimane di Spoleto 17, 1970), S. 139–166 und 176–196; M. van Uytfanghe, Modèles bibliques dans l’hagiographie, in: Le Moyen Age et la Bible, hrsg. von P. Riché/G. Lobrichon, 1984, S. 449–487; F. Wagner, Miracula/Mirakel, LexMA 6 (1993), Sp. 656–659.

Übung, Di, 15–18 Uhr, PSG II R. 530 Beginn: 9.11.1999

Mittellateinische Philologie

– Peter Orth: Wilhelm der Bretone (1159/60–nach 1226), Philippis – ein Epos auf König Philipp II. Augustus von Frankreich Die Regierungszeit Philipps II. Augustus ist durch langjährige kriegerische Auseinandersetzungen vor allem mit dem angevinischen Königshaus Englands (Richard Löwenherz; Johann Ohneland; der dritte Kreuzzug) geprägt; Philipps außenpolitischen Erfolgen im Norden Frankreichs, die im Sieg von Bouvines (1214) gipfeln, entspricht innenpolitisch eine zukunftsweisende Konsolidierung der Königsmacht. Philipps Leistungen wurden von Wilhelm dem Bretonen, der als Kapellan zu seiner Umgebung gehörte, teils zu Lebzeiten des Königs, teils bald nach seinem Tode in verschiedenen Prosawerken und Gedichten dargestellt. Neben den biographischen »Gesta Philippi regis« ist die hexametrische »Philippis« in zwölf Büchern seine bedeutendste literarische Leistung. Im Proseminar sollen ausgewählte Partien der »Philippis« untersucht werden, sowohl mit Blick auf die lateinische epische Tradition der Antike und des Mittelalters als auch im Vergleich mit parallelen Prosatexten.

Literatur: Oeuvres de Rigord et de Guillaume le Breton historiens de Philippe-Auguste, hrsg. von H.-F. Delaborde, t. 2 Philippide de Guillaume le Breton, Paris 1885 (Kopien werden gestellt); P. Bourgain, Art. »Wilhelm (der Bretone)«, in: Lexikon des Mittelalters 9 (1998), Sp.166f.; J. Ehlers, Philipp II. 1180–1223, in: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII, 888–1498, hrsg. von J. Ehlers, H. Müller und B. Schneidmüller, München 1996, S.155–167 [Lit.].

Proseminar, Di, 14–16 Uhr, PSG II R. 327 Beginn: 2.11.1999

– Paul Klopsch: Ruodlieb – ein lateinisches Verseposdes 11. Jahrhunderts Die nur auf Einbandfragmenten erhaltene Ruodlieb-Dichtung gilt als der älteste erhaltene Ritterroman des Mittelalters, in lateinischen Hexametern (um 1050 oder 2. Hälfte des 11. Jahrhunderts); sie erzählt die Geschichte eines jungen Mannes (Ruodlieb), der vor seinen Feinden ausweichend in die Fremde zieht, sich in königlichen Diensten in verschiedenen Situationen bewährt, reich belohnt heimkehrt und heiratet, am Ende in eine sagenhafte Welt gerät. Das Seminar wird sich der Vielfalt der sich daraus ergebenden Forschungsprobleme widmen. Verschiedene Übersetzungen des Textes liegen vor und können zur Einführung dienen.

Literatur: Ruodlieb, hrsg. von B. K. Vollmann, Wiesbaden 1985; B. K. Vollmann, Ruodlieb, Darmstadt 1993 (Erträge der Forschung 283); F. P. Knapp, Ruodlieb. Mittellateinisch und deutsch. Übertragung, Kommentar und Nachwort, Stuttgart 1977 (Reclam UB 9846; zur Vorbereitung empfohlen).

Hauptseminar, Di, 16–18 Uhr, PSG II R. 327 Beginn: 9.11.1999

– Peter Orth: Paläographie I: Lateinische Handschriften von der Antike bis zum 11. Jahrhundert Thema des Proseminars ist die Entwicklung der lateinischen Schrift von der Antike bis zum 11. Jahrhundert: Ausgehend von Kapitalis und Unziale, Älterer und Jüngerer römischer Kursive spannt sich der Bogen über die sogenannten Nationalschriften bis zur karolingischen Minuskel, ihrer Verbreitung seit dem 9. Jahrhundert und ihren Veränderungen bis in das 11. Jahrhundert. Im Vordergrund stehen Übungen zum Lesen, Beschreiben und Transkribieren von Handschriften, daneben werden das Abkürzungswesen und kodikologische Themen (Beschreibstoffe, Buchtypen u.a.) angesprochen.

Am Ende des Semesters kann ein Schein durch erfolgreiche Teilnahme an einer Klausur (Transkription verschiedener Handschriften) erworben werden. Lateinkenntisse sind natürlich förderlich, jedoch nicht Voraussetzung.

Literatur: B. Bischoff, Paläographie des römischen Altertums und des abendländischen Mittelalters, Berlin 21986 (Grundlagen der Germanistik 24); F. Gasparri, Introduction a l'histoire de l'écriture, Turnhout 1994; K. Loeffler/W. Milde, Einführung in die Handschriftenkunde, Neu bearbeitet von W. Milde, Stuttgart 1997 (Bibliothek des Buchwesens 11); H. Blanck, Das Buch in der Antike, München 1992.

Proseminar, Do, 8.30–10 Uhr, PSG II R. 327 Beginn: 4.11.1999

– Peter Orth: Rodulfus Glaber, Historiarum libri quinque Rodulfus’ (gestorben um 1047) fünf Bücher Geschichten behandeln vor allem Ereignisse des ausgehenden 10. und der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts. Dabei spielen, wie schon oft beobachtet wurde, die Jahre 1000 und 1033 in heilsgeschichtlicher Perspektive als Millennien der Geburt und des Todes Jesu eine herausragende Rolle in seiner Darstellung. Im Lektürekurs werden wir ausgewählte Passagen lesen, sprachlich, literarisch und historisch kommentieren und bei entsprechendem Interesse flankierend endzeitliche Texte (Adsos Buch »De ortu et tempore Antichristi« und Sibyllinisches) hinzuziehen.

Literatur: Rodolfo il Glabro, Cronache dell’anno mille, a cura di G. Cavallo e G. Orlandi (Scrittori greci e latini), Rom 31991; Rodulfi Glabri Historiarum libri quinque. Rodulfus Glaber, The Five Books of the Histories, ed. and transl. by J. France. Eiusdem auctoris Vita Domni Willelmi Abbatis. By the Same Author, The Life of St. William, ed. by N. Bulst, transl. by J. France and P. Reynolds (Oxford Medieval Texts), Oxford 21993; F. Brunhölzl, Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters, Bd. 2, München 1992, S. 227–234.

Übung, Mo, 16–18 Uhr, PSG II R. 327 Beginn: 8.11.1999
 
 

Musikwissenschaft

– Michael Klaper: Notationskunde III: Notationsweisen mehrstimmiger Musik des 14. Jahrhunderts Mit der »Ars cantus mensurabilis« Francos von Köln (um 1280) wurde das Fundament gelegt für nahezu alle weiteren notationstechnischen Entwicklungen auf dem Gebiete der Mensuralmusik in den folgenden Jahrhunderten. Indessen werden im 14. Jahrhundert ausgeprägte Regionalstile des Notierens mehrstimmiger Musik faßbar: die italienische Trecento-Notation ebenso wie die im französischen Bereich verwendete schwarze Mensural- oder »Ars Nova«-Notation; hinzukommen die v.a. in fragmentarischer From erhaltenen englischen Quellen mit mehrstimmiger Musik, in denen lokale Eigenheiten in der Verwendung des französischen Notationstypus zu beobachten sind. Der Scheinerwerb erfolgt über die regelmäßige Erledigung von Hausaufgaben und die Teilnahme an einer Klausur am Semesterende.

Literatur: F. A. Gallo, Die Notationslehre im 14. und 15. Jahrhundert, in: Die mittelalterliche Lehre von der Mehrstimmigkeit, hrsg. v. Fr. Zaminer, Darmstadt 1984 (Ge-schichte der Musiktheorie, 5), S. 257–356.

Proseminar, Do, 11–13 Uhr, A 502 Beginn: 4.11.1999

– Michael Klaper: Oswald von Wolkenstein In W. Killys Literaturlexikon (Bd. 9 [1991]) ist Oswald von Wolkenstein (um 1376–1445) als »Lyriker« bezeichnet. Dies dürfte eher den Blick dafür verstellen, daß das Werk des Südtiroler Liederdichters v. a. in zwei repräsentativen Sammelhandschriften tradiert wird, die zusammen mit den Texten auch die Melodien überliefern und deren Anfertigung durch den Autor selbst angeregt wurde. Während dieses dichterisch-musikalische Corpus offenbar kaum direkte Nachwirkungen hat, so war ihm insbesondere in den vergangenen drei Jahrzehnten eine breite (oftmals popularisierende) Resonanz beschieden. Aufgrund der in diesem Zusammenhang stark angeschwollenen Forschungsliteratur lassen sich die in Oswalds Werk wirksam gewordenen Einflüsse in mancherlei Hinsicht präziser fassen. Das betrifft etwa unsere Kenntnis über den Stellenwert von Kontrafakturen in Oswalds Schaffen. Auf der anderen Seite droht die sogenannte Sekundärliteratur mittlerweile das Œvre selbst zu überwuchern, und so soll eine eingehende Arbeit an den Stücken – ihrer Überlieferung, Machart und Einbindung in die Tradition – im Zentrum der Seminararbeit stehen. Vorgesehen sind neben einer Einführung zwei oder drei Blocksitzungen

Proseminar, Vorbesprechung: 8.11.1999, 18–20 Uhr

– Andreas Pfisterer: Meßkomposition um 1500 In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts und dem Beginn des 16. ist die »Messe« diejenige musikalische Gattung, in der ein Komponist seine handwerkliche Meisterschaft und seinen Einfallsreichtum unter Beweis stellen muß. In der Regel liegt einer Messe eine bekannte musikalische Vorlage (einstimmige Melodie, Chanson, Motette) zugrunde, die dann in vielfältiger Weise verarbeitet wird. Gegenstand des Seminars sind zunächst die kompositionstechnischen Bedingungen, unter denen diese Musik steht (Kontrapunkt, Kadenzbildung, Tonsystem etc.). Bei der Betrachtung einzelner Kompositionen wird dann voraussichtlich der berühmteste Komponist der Zeit, Josquin Desprez, im Mittelpunkt stehen.

Literatur: Zur Einführung eignet sich der entsprechende Abschnitt im Neuen Handbuch der Musikwissenschaft: Bd. 3,1, S. 215–240 (L. Finscher).

Proseminar, Mi, 10–12 Uhr, A 502 Beginn: 3.11.1999

– Andreas Haug: Die Musik im Codex Calixtinus Die unter den Bezeichnungen »Codex Calixtinus« und »Liber Sancti Jacobi« bekannte Handschrift des 12. Jahrhunderts aus Santiago de Compostela enthält einen umfangreichen und vielgestaltigen Bestand einstimmiger und mehrstimmiger liturgischer Gesänge für die Feier des Heiligen Jakobus. Seit der bis heute nicht überholten Edition mit Kommentaren von Peter Wagner (Die Gesänge der Jakobsliturgie zu Santiago de Compostela, Freiburg/Schweiz 1931) hat die musikhistorische Forschung sich auf die in einem Anhang aufgezeichneten mehrstimmigen Gesänge konzentriert. Demgegenüber sind sämtliche Musikbestandteile des Codex Gegenstand dieses Seminars, das Ergebnisse einer im September 1999 in Santiago de Compostela stattfindenden internationalen musikgeschichtlichen Konferenz über die Musik im Codex Calixtinus einbeziehen wird.

Anmeldung bis zum 20. Dezember 1999 beim Assistenten des Instituts für Musikwissenschaft, Herrn Michael Klaper M.A. erbeten.

Mittelseminar, Fr, 11.2.2000, 10–18 Uhr, Sa, 12.2.2000, 9–13 Uhr, A 502

– Wolfgang Hirschmann: Italienische und deutsche Musiktheorie im Hochmittelalter – Adaptionen und Transformationen Das Seminar richtet sich hauptsächlich an Studentinnen und Studenten, die bereits über einige Erfahrung in der Lektüre mittelalterlicher Theorietexte verfügen. Aber auch Anfänger und fachfremde Interessenten sind willkommen. Lateinkenntnisse sind unerläßlich; Übersetzungen können selbstverständlich – soweit vorhanden – hinzugezogen werden.

Im Zentrum steht zunächst die gemeinsame Lektüre und Kommentierung von zwei Traktaten italienischer Autoren des frühen 11. Jahrhunderts, die zu den Basistexten der europäischen Musiktheorie gehören: des Pseudo-Odonischen Dialogus de musica von um 1000 und des Micrologus Guidos von Arezzo von um 1025. In einem zweiten Schritt sollen anhand exemplarischer Analysen einige Konsequenzen erörtert werden, die vor allem süddeutsche Autoren nach dem alpinen Transfer beider Texte um und nach 1050 aus den vielfältigen Anregungen und teilweise provokativ neuartigen Positionen der Traktate zogen. Es wird sich zeigen, daß dabei die Texte selbst Modifikationen und Erweiterungen erfuhren, die wiederum Rückschlüsse erlauben auf die gewandelten Interessen, mit denen süddeutsche Autoren des 11. bis 13. Jahrhunderts an die Theoreme der beiden italienischen Theoretiker herantraten.

Mittelseminar, Mi, 15–17.30, A 502 Beginn: 3.11.1999

Philosophie

– Maximilian Forschner: Thomas von Aquin. Einführung in die Philosophie des Hochmittelalters Die Vorlesung ist auf zwei Semester angelegt. Sie führt in die Philosophie des Hochmittelalters ein, skizziert die geistesgeschichtlichen Voraussetzungen und Quellen des Denkens von Thomas von Aquin und bietet einen Überblick über das gesamte philosophische Werk: die Erkenntnistheorie, die Metaphysik, die Anthropologie bzw. Psychologie, die Theorie des Wollens und Handelns, die Ethik, die Theorie des Gewissens, die Rechtsphilosophie, die Sozialphilosophie und die Philosophie des Politischen. Im Wintersemester wird die theoretische, im Sommersemester die praktische Philosophie behandelt werden.

Literatur: J. A. Weisheipl, Friar Thomas d’Aquino. His Life, Thought and Work, New York 1974; N. Kretzmann, A. Kenny, J. Pinborg (eds.), The Cambridge History of Later Medieval Philosophy, Cambridge 1982; R. Schönberger, Thomas von Aquin zur Ein-führung, Hamburg (Junius) 1998.

Vorlesung, Fr, 8–10 Uhr, KH 1.011 Beginn: 5.11.1999

– Alexander Brungs: Zeit und Seele in Augustinus’Confessiones Im Seminar sollen Grundzüge und Eigenarten von Aurelius Augustinus’ Theorie der Seele und seiner berühmt gewordenen Auseinandersetzung mit dem Phänomen Zeit rekonstruiert werden. Textgrundlage ist die kritische Edition der »Confessiones« durch Verheijen in Bd. 27/ CCSL (Corpus Christianorum Series Latina) bzw. die darauf basierende Übersetzung durch Flasch und Mojsisch (Reclam Verlag) (Lateinkenntnisse sind für die Teilnahme am Seminar förderlich, doch nicht Voraussetzung). Inhaltliche Schwerpunkte werden sein: Gedächtnis, Erinnerung, Selbstbewußtsein, Eigenzeit/objektive Zeit; relevant hierfür sind insbesondere die Bücher 10 und 11 der »Confessiones«.

Literatur: Aurelius Augustinus, Confessiones (=CCSL, 27), Turnhout 1981; Aurelius Augustinus, Bekenntnisse, Stuttgart 1989; K. Flasch, Was ist Zeit? Augustinus von Hippo. Das XI. Buch der Confessiones, Frankfurt a.M. 1993; G. O’Daly, Augustine’s Philosophy of Mind, Berkeley (CA) 1987; Ch. Horn, Augustinus, München 1995.

Proseminar, Do, 16–18 Uhr, A301 Beginn: 3.11.1999

– Maximilian Forschner: Thomas von Aquin: Glauben und Wissen Thomas v. Aquin (1224–1274) gehört zu jenen Philosophen und Theologen des Hochmittelalters, die der natürlichen Vernunft und den Leistungen der Philosophie und Wissenschaft eine wesentliche Rolle für das Selbst- und Weltverständnis des Gläubigen zusprachen. Seine Verhältnisbestimmung von religiösem Glauben und natürlichem Wissen wirkte beispielhaft und kann auch heute noch systematisches Interesse für sich beanspruchen. Im Seminar sollen folgende Themen eingehender behandelt werden:

– Die Stellung des natürlichen und des religiösen Glaubens im Rahmen der Unterscheidung und Ordnung epistemischer Dispositionen (Zweifeln, Vermuten, Glauben, Einsehen, Wissen)

– Das Verständnis des Glaubens als Tugend (mit kognitiven und affektiven Aspekten)

– Die Verhältnisbestimmung von Philosophie und Theologie, von Glauben, Theologie und (profaner) Wissenschaft.

Für diese Themen sind folgende Thomas-Texte von besonderer Relevanz: In I Sententiarum, prooemium; Quaestiones de veritate, qu. 14; Summa theologiae II-II, quaestiones 1–16; In librum Boethii de Trinitate, quaestiones 1–4; Summa contra Gentiles I 1–9.

Literatur: T. Penelhum (ed.), Faith, New York 1989; F. v. Kutschera, Vernunft und Glaube, Berlin 1991; J. I. Jenkins, Knowledge and Faith in Thomas Aquinas, Cambridge 1997.

Hauptseminar, Do, 8–10 Uhr, A 402 Beginn: 4.11.1999

Orientalistik

– Hartmut Bobzin: Geschichte der arabischen Literatur im Überblick Diese Überblicksvorlesung behandelt die arabische Literatur von ihren Anfängen im vorislamischen Arabien bis zur Nachkriegsliteratur. Das Schwergewicht liegt jedoch auf der Epoche der klassischen Literatur von ca. 750 bis ca. 1250.

Literatur: H. A. R. Gibb/J. Landau, Arabische Literaturgeschichte, Zürich/Stuttgart 1968 (Bibliothek des Morgenlandes).

Vorlesung, Mo, 14–16 Uhr, KH 2.012

– Hartmut Bobzin: Die Kreuzzüge im Lichte der arabischen Literatur Wie sahen die arabischen Zeitgenossen bzw. spätere arabische Historiker die Kreuzzüge? Konnten sie deren spezielle ideologischen Hintergründe erkennen, ja generell im Einfall der »Franken« etwas anderes sehen als eine etwas andere, aber doch vergleichbare Erfahrung mit früheren nichtarabischen (jedoch islamischen) Eroberern? Im Seminar werden die wichtigsten arabischen Quellen vorgestellt und ausgewählte Texte gelesen.

Als Einführung in die Thematik (und Übersetzung wichtiger Quellentexte) ist zu empfehlen: Francesco Gabrieli, Die Kreuzzüge aus arabischer Sicht, Zürich 1973 (Bibliothek des Morgenlandes), München 1975 (dtv WR 4172). Dort eine knappe Vorstellung der wichtigsten Historiker, aus deren Werken Ausschnitte gelesen werden: Ibn al-Qualânisî, Usâma ibn Munqidh, Ibn Schaddâd, al-Kâtib al-Isfahânî, al-Maqrîzî u.a.

Literatur: Historiography of the Crusades, in: B. Lewis/P.M. Holt, Historians of the Middle East, Oxford 1962, S. 98–107; H. A. R. Gibb, The Arabic Sources for the Life of Saladin, in: Speculum 25 (1950), S. 58–72; H. A. R. Gibb, Notes on the Arabic Materials for the History of the Early Crusades, in: Bull. of the School of Oriental and African Studies, London, 7 (1935), S. 739–754.

Hauptseminar, Mo, 10–12 Uhr, C 603
 
 

Anglistik

– Hubert Gburek: Lektüre mittelenglischer Texte des14. Jahrhunderts: Chaucer und seine Zeitgenossen Ziel der Übung ist es, möglichst viele Texte des 14. Jahrhunderts im Original zu studieren. Am Anfang werden leichte Texte stehen, die von sprachlich und inhaltlich anspruchsvolleren abgelöst werden. Erklärt werden wird der Hintergrund, auf dem die Texte entstanden sind, ihr Inhalt und, wohl notwendigerweise, die sprachlichen Probleme, die sich bei der Lektüre für weniger Geübte ergeben. Bei der Auswahl der Texte ist darauf geachtet worden, daß sie Zeitrelevantes mit auch heute noch Interessantem verbinden.

Mittelenglischkenntnisse sind erwünscht, können aber auch, den nötigen Eifer vorausgesetzt, in der Übung erworben werden. Anmeldung ab 26. Juli, (Tür C5A4).

Literatur: The Pardoner’s Prologue and Tale, ed. A. C. Spearing, CUP; J. A. Burrow, Th. Turville-Petre, A Book of Middle English, Oxford 1992.

Übung, Di, 12–14 Uhr, C 303

Nordistik

– Hubert Seelow: Der Lei ´?arvísir des Abts Nikulás Bergssonund andere geographisch-enzyklopädische Texte des isländischen Mittelalters Der auf dem Itinerar der eigenen Pilgerfahrt beruhende Lei ´?arvísir (»Wegweiser«) des Abts Nikulás Bergsson (gest. 1159) beschreibt recht genau die Stationen auf der Reise nach Rom und ins Heilige Land, führt jedoch auch sagenhistorisch bedeutsame Orte an, wie etwa den, an dem Sigurd den Drachen erschlug. Neben dem Lei ´?arvísir werden wir andere Traktate, wie die Veraldar saga (»Weltgeschichte«) und die Heimsl`ysing (»Weltbeschreibung«) im Original lesen.

Für Teilnehmer mit Altnordisch- bzw. Isländischkenntnissen.

Proseminar, Di, 13–15 Uhr, B4A1 Beginn: 9.11.1999

– Hubert Seelow: Einführung ins Altnordische Einführung in das Altwestnordische (Altnorwegische bzw. Altisländische). Für Studierende der Nordischen Philologie (obligatorischer Einführungskurs) sowie alle interessierten Mediävisten und Sprachwissenschaftler. Ziel des Kurses ist es, die Teilnehmer so weit zu bringen, daß sie am Ende des Semesters einen leichten altnordischen Prosatext (Sagatext) lesen und verstehen können. Dazu ist kontinuierliche, aktive Mitarbeit nötig!

Übung, Di, 11–13 Uhr, KH 1.013 Beginn: 9.11.1999

Romanistik

– Adrian La Salvia: Dante Alighieri: »L’Inferno« Die Divina Commedia hat über fast sieben Jahrhunderte hinweg nichts an Faszination verloren, v.a. wohl der erste Teil, L’Inferno, den wir gemeinsam lesen wollen. Einzelne Gesänge oder Episoden können in Form von Referaten behandelt werden, etwa V 73–142: Paolo und Francesca, XXVI 86–142: die Rede des Odysseus, XXXIII 1–90: der Bericht des Grafen Ugolino, XXXIV 1–69: die Beschreibung des Luzifer u.a. Aufgrund der – für ein Proseminar – hohen Anforderungen an die Lektürefähigkeit soll die kritische (!) Lektürevon Übersetzungen in das Seminar integriert werden (mit »kritisch« meine ich »vergleichend«): Witte, Philaletes, George, Borchardt, Vossler, Gmelin u.a. (über 100). Darüber hinaus kann auch die Geschichte der Dante-Philologie angesprochen werden, was zugleich einen guten Einblick gewährt in die Geschichte der deutschen Romanistik: Friedrich, Auerbach, Curtius, Vossler u.a.

Für Kunstwissenschaftler interessant und (sehr) ergiebig ist das weite Feld der Dante-Illustrationen. Damit sind auch mögliche Referatthemen schon genannt, wenn auch nicht vollständig abgedeckt. Die Stoff-Fülle macht einen längeren Aufenthalt in der Hölle wahrscheinlich. Eine kontrastive Lektüre des Purgatorio und des Paradiso wäre ggf. auf Referate zu verteilen. Gasthörer benachbarter Philologien sind willkommen!

Literatur: Zur vorbereitenden Lektüre empfehle ich Übersetzung und Kommentar von Hermann Gmelin, erhältlich als DTV-Taschenbuch-Kassette. Eine vorzüglich kommentierte – leider auch vorzüglich teure – Ausgabe der philosophischen (in der Mehrzahl lateinischen) Werke mit Übersetzung ist bei Felix Meiner erschienen, hrsg. unter der Leitung von Ruedi Imbach.

Proseminar, Mo, 10–12 Uhr, C7A1

– Jürgen Lang: Lektürekurs Altfranzösisch Der Schwerpunkt des Kurses liegt auf der Erschließung des Inhalts von ca. 1000 Versen Text. Daneben wird vom Text ausgehend auf wichtige lautliche, semantische und morphologische Erscheinungen des Altfranzösischen und deren Weiterentwicklung zum heutigen Französischen eingegangen. Der Kurs ist vornehmlich (aber nicht ausschließlich) gedacht für Lehramtsstudierende, die im schriftlichen Staatsexamen die altfranzösische Textaufgabe oder im mündlichen Staatsexamen Sprachwissenschaft als Hauptgebiet wählen (wir werden u.a. auch eine oder zwei Staatsexamensaufgaben gemeinsam bearbeiten) und für Magisterstudierende mit Hauptfach Galloromanische Philologie (Schwerpunkt Sprachwissenschaft oder Schwerpunkt Literaturwissenschaft), die an Stelle der wissenschaftlichen Beschäftigung mit einer zweiten romanischen Sprache die Beschäftigung mit dem Altfranzösischen nachweisen (s. Richtlinien zur Magisterprüfung des Instituts für Romanistik, 3A, 1a und b). Der Kurs setzt die im Grundkurs Altfranzösisch erworbenen Kenntnisse voraus. Eine Teilnahme ohne den Grundkursschein ist nach rechtzeitiger Rücksprache mit mir in Sonderfällen möglich.

Literatur: Zur Auffrischung der Grundkenntnisse sei K. Voretzsch, Einführung in das Studium der altfranzösischen Sprache, Tübingen (Niemeyer 81955) empfohlen (in der Institutsbibliothek in ausreichender Anzahl vorhanden).

Übung, Mi, 16–18 Uhr, C 702

Kunstgeschichte

– N.N.: Giotto und die Malerei des 13. und 14. Jahrhunderts in Italien Vorlesung, Mi, 14–16 Uhr, KH 0.011 – Christian Hecht: Kirchenbau und Liturgie Mittelseminar, Do, 17–19 Uhr, KH 0.011 Beginn: 4.11.1999 – N.N.: Trecento-Malerei in Florenz und Siena Mittelseminar, Mi, 9–11 Uhr, KH 2.012 – N.N.: Romanische Kunst in Frankreich mit Schwerpunkt Burgund Hauptseminar, Do, 10-12 Uhr, KH 1.014

Buchwissenschaft

– Ursula Rautenberg: Leser und Lesen vom Mittelalter bis zur Gegenwart I: Vom Mittelalter bis zum 18. Jahrhundert Der erste Teil der zweisemestrigen Vorlesung (Fortsetzung im SS 2000) gibt einen Überblick über die Geschichte des Lesens vom Mittelalter bis zur sogenannten »Leserevolution« Ende des 18. Jahrhunderts. Die gebrauchsfunktional unterschiedlichen Leseweisen und Lektüremodelle werden in die sozioökonomischen und kulturellen Zusammenhänge eingebunden. Es geht also auch um Verfügbarkeit von Büchern, um Lesestoffe und Situation des Lesens, Alphabetisierung und darum, wie sich (Lese-)Ansprüche an den Text im Layout niederschlagen und Rezeptionsweisen initiieren.

Literatur: Eine ausführliche Literaturliste ist zu Semesterbeginn auf der Homepage der Buchwissenschaft (http://www.phil.uni-erlangen.de/~p1bbk) verfügbar. Zur Vorbereitung wird empfohlen: Roger Chartier/Guglielmo Cavallo (Hrsg.), Die Welt des Lesens. Von der Schriftrolle zum Bildschirm, Frankfurt a.M./New York 1999.

Vorlesung, Di, 14–16 Uhr, KH 2.016 Beginn: 2.11.1999

– Peter Orth: Paläographie I: Lateinische Handschriften von der Antike bis zum 11. Jahrhundert Siehe Kommentar bei »Mittellateinische Philologie«

Proseminar, Übung für historische HilfswissenschaftenDo, 8.30–10 Uhr, PSG II R. 327 Beginn: 4.11.1999

– Ursula Rautenberg: Einblattdrucke und Flugblätter Bereits vor dem typographischen Druck gehören mechanisch vervielfältigte Einblattdrucke zu den frühen Medien, die breiteren Bevölkerungsgruppen erschwinglich waren. Das Seminar folgt den Entwicklungslinien von xylographisch oder im Metalldruck hergestellten Einzelblättern über die illustrierten und textierten Einblattdrucke der zweiten Hälfte des 15. und frühen 16. Jahrhunderts bis zum Flugblatt. Leitende Fragestellungen werden sein: Produktionsbedingungen und Trägerschichten; Publikum, Käufer und Leser; Themen und Inhalte; Text-Bild-Beziehungen; die mediale und kommunikative Funktion des einseitig bedruckten Einzelblatts. Im Mittelpunkt der jeweiligen Sitzung steht die genaue Analyse ausgewählter Blätter.

Hinweis: In der UB Erlangen findet im November eine Ausstellung zum Thema »Monster, Wunder, Katastrophen in Einblattdrucken vom 16.–18. Jahrhundert« statt. Studierende, die beim Ausstellungsaufbau am 15. und 16. November helfen, erhalten einen Übungsschein.

Literatur: Eine ausführliche Literaturliste ist ab Oktober im Sekretariat der Buchwissenschaft erhältlich.

Hauptseminar, Mi, 10–12 Uhr, KH 0.015 Beginn: 3.11.1999

– Ursula Rautenberg: Gutenberg und die Folgen Die Erfindung des Druckens mit beweglichen Lettern durch Johannes Gutenberg um 1450 hat den Buchmarkt verändert; die in der frühen Neuzeit gelegten Strukturen sind bis heute wirksam und spürbar. Das Seminar wird sich zunächst mit der Art und dem Verlauf des Medienwechsels selbst auseinandersetzen; weitere Themen sind die neuen Organisationsformen des Buchhandels und Buchmarkts, die Entstehung neuer Buchtypen, Kontinuität und Diskontinuität im typographischen Layout. Das Seminar wird den gesamten Zeitraum des Buches aus der Handpresse behandeln. Die wichtigsten älteren und neuen Monographien (u.a. Eisenstein, Febvre/Martin, Giesecke) bieten Beschreibungsmodelle und theoretische Grundlagen.

Hinweis: Im Anschluß ist für das SS 2000 eine Exkursion nach Mainz geplant. Dort findet eine museumsübergreifende Ausstellung »Die Zeit Gutenbergs« statt, mit der der (fiktive) 600. Geburtstag Gutenbergs gefeiert wird.

Literatur: Eine ausführliche Literaturliste ist ab Oktober im Sekretariat der Buchwissenschaft erhältlich.

Hauptseminar, Mi, 16–18 Uhr, KH 0.015 Beginn: 3.11.1999

Rechtsgeschichte

– Harald Siems: Deutsche Rechtsgeschichte Vorlesung, Mi, 13–15 Uhr, Do, 9–10 Uhr, KH 2.011 Beginn: 3.11.1999 – Harald Siems: Seminar zur Deutschen Rechtsgeschichte Thema: Die Entstehung der Rechtswissenschaft im 12. Jahrhundert. Arbeitstechniken und allgemeine Rechtslehre.

Das Seminar setzt die Forschungen zur Entstehung des gelehrten Rechts fort und wendet sich den Anfängen der modernen Rechtswissenschaft zu. Im 12. Jahrhundert kam es – scheinbar – zu einem »juristischen Urknall«. Innerhalb weniger Jahrzehnte entstanden erst in Italien und dann im übrigen Europa juristische Fakultäten. Vergessene antike Kodifikationen kamen auf seltsame Weise wieder ans Licht, neue Rechtssammlungen wurden zusammengestellt, und eine eigene Fachliteratur bildete sich heraus. Alles das scheint von Bologna seinen Ausgang genommen zu haben, sowohl im weltlichen römischen Recht als auch im Kirchenrecht. Vieles deutet darauf hin, daß diese »Wiedergeburt« der Jurisprudenz eine bislang unerforschte Vorgeschichte hat, doch geht es im Wintersemester um eine Bestandsaufnahme für das 12. Jahrhundert. Ziel des Seminars ist es, Einblick in die Methode der hochmittelalterlichen Juristen zu gewinnen. Untersucht werden die ersten Abschnitte des Decretum Gratiani, jener bedeutenden Kirchenrechtssammlung, die bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Geltung blieb. Gegenstand der betreffenden Passagen und ihrer Erläuterungen ist die allgemeine Rechtslehre (Naturrecht, Gesetzesbegriff, Gewohnheitsrecht, etc.). Hier ergeben sich grundsätzliche Einsichten in die Rechtswissenschaft des 12. Jahrhunderts. Die Texte der gelehrten mittelalterlichen Juristen war Latein, so daß entsprechende Sprachkenntnisse von Vorteil sind. Da die interessierenden Abschnitte auch in englischer Übersetzung vorliegen, ist die Veranstaltung auch für Teilnehmer ohne Lateinkenntnisse geeignet.

Interessenten können sich im Sekretariat Raum 2.228 vormerken lassen. Dr. Meyer, Tel. 2 67 51 steht für weitere Informationen gerne zur Verfügung.

Literatur: Extra für diesen Zweck zusammengestellter Seminarapparat Raum 2.226.

Seminar, Do, 18.15–20 Uhr, JDC R. 2.281

Medizingeschichte

– Thomas Schnalke/Renate Wittern-Sterzel: Geschichte der Medizin Die Geschichte der Medizin hat viele Facetten. Sie kann einerseits erklären, wie es zu den beeindruckenden Errungenschaften der modernen Medizin gekommen ist, sie kann andererseits aber auch aufzeigen, welche Umgangsweisen mit Kranken und Krankheit dabei verdrängt und vergessen wurden. Die Medizin von heute ist nicht nur das Resultat wissenschaftlichen Fortschritts, sondern ebenso ein Produkt vielfältiger sozialer Einflüsse und Wechselwirkungen. Beschäftigt man sich mit der Geschichte der Medizin, so erhält man Einblick in die unterschiedlichsten Bereiche menschlicher Kulturgeschichte, erfährt etwas über Ideengeschichte wie über Körpergeschichte, über Alltagsgeschichte wie über Institutionen- und Politikgeschichte. Die Vorlesung Geschichte der Medizin beleuchtet die Rollen von Heiler und Kranken zu unterschiedlichen Zeiten und in unterschiedlichen Kulturen von den Mittelmeerhochkulturen bis zum Informations- und Technologiezeitalter. Sie schildert die Entstehung des modernen Gesundheitswesens und die Entwicklung der Medizin zur naturwissenschaftlichen und technischen Disziplin.

Literatur: K. E. Rothschuh, Konzepte der Medizin, Stuttgart 1978; W. Eckart, Geschichte der Medizin, Berlin u.a. 31998; M. D. Grmek (Hrsg.), Die Geschichte des medizinischen Denkens. Antike und Mittelalter. München 1996; H. Schott (Hrsg.), Meilensteine der Medizin, Dortmund 1996.

Vorlesung, Di, 9–11 Uhr, KH 2.020 Beginn: 2.11.1999

– Renate Wittern-Sterzel: Medizin im Mittelalter Für die abendländische Medizin stellt das Mittelalter eine überaus vielschichtige Epoche dar: Auf der Ebene der Theorie lebt das antike Erbe durch den Reichtum der arabisch-lateinischen Übersetzungen fort, im Bereich der Kirche entwickelt sich eine eigene Medizin, die sogenannte Mönchsmedizin, die Ausbildung von Ärzten wird durch die Gründung von Medizinschulen und Universitäten auf eine völlig neue Grundlage gestellt, und in der Praxis müssen Ärzte und Gemeinwesen sich mit bisher nicht bekannten oder wieder in Vergessenheit geratenen Krankheiten wie Lepra, Pest und Syphilis auseinandersetzen. Vor allem letzteres führt zur Errichtung von Spitälern und Versorgungseinrichtungen unterschiedlichster Art sowie zur Schaffung neuer gesundheitspolitischer Strukturen, die wichtige Weichen für die Neuzeit stellen. Im Seminar sollen einige dieser Aspekte anhand ausgewählter Beispiele gemeinsam erarbeitet und diskutiert werden.

Das Seminar wendet sich insbesondere an die Studierenden der Medizin und der Philosophischen Fakultäten; Gasthörer und Angehörige des Seniorenstudiums sind herzlich willkommen.

Literatur: M. D. Grmek (Hrsg.), Die Geschichte des medizinischen Denkens, Antike und Mittelalter, München 1996 ; G. Baader, G. Keil (Hrsg.), Medizin im mittelalter-lichen Abendland, Darmstadt 1982.

Proseminar, Mo, 16–18 Uhr, SR IGdM Beginn: 8.11.1999

Historische Theologie

– Berndt Hamm: Geschichte der Reformation 1521–1555 Die Vorlesung schließt sich an die Luther-Vorlesung des Sommersemesters inhaltlich an, ist aber auch für Studierende verständlich, die diese Vorlesung nicht besucht haben. Es wird gezeigt, welche theologischen, kirchlichen, reformationspolitischen und frömmigkeitsgeschichtlichen Wirkungen sich aus den Anfangsimpulsen Luthers im deutschen Reich ergeben haben. Dabei sind vor allem folgende Themenkomplexe im Blick: die breite Gemeindereformation, die städtische Reformation, die bäuerliche Reformation, die Landesherren und die Reformation, die evangelische Bekenntnisbildung, die katholische Reform bis Trient, Kaiser und Papst, Abendmahlsstreit und Kampf gegen die Täufer, Konflikte, Krieg, Religionsfriede und Toleranz.

Literatur: H. Schilling, Aufbruch und Krise. Deutschland 1517–1648; P. Blickle, Die Reformation im Reich (UTB-Taschenbuch).

Vorlesung, Mo, Do, 10-12 Uhr, KH 1.019 Beginn: 4.11.1999

– Berndt Hamm/Petra Seegets: Die »Kunst« des heilsamen Sterbens im Spätmittelalter und bei Luther Thematische Schwerpunkte des Seminars:

– Quellen der Jahrzehnte 1480–1520 (frühneuhochdeutsche Sprache)

– Jenseitsvorstellungen (Gericht, Himmel, Hölle, Fegfeuer)

– Unsicherheit, Sorge und Angst im Blick auf die Todesstunde und auf den richtenden Gott (wie bekomme ich einen gnädigen Richter?)

– Lehren von der Vorbereitung auf das Sterben und über die Kunst des Sterbens

– Sterbelehre als Lebenslehre in der Konzentration auf die Sterbestunde

– Trost im Blick auf die Barmherzigkeit Gottes, Leiden Christi, Reue und Glaube

– Tradition und Innovation bei Luther

Literatur: Ausstellungskatalog »Himmel, Hölle, Fegefeuer«, hrsg. v. P. Jezler (Seminarbibliothek).

Hauptseminar, Do, 14–16 Uhr, TSG H A Beginn: 4.11.1999

– Berndt Hamm: Quellen zur Reformationsgeschichte Die Übung soll als Quellenkurs die Hauptvorlesung begleiten und vertiefen, kann aber auch unabhängig von der Hauptvorlesung besucht werden. Es werden zentrale Texte der Reformation ausgewählt und interpretiert. Gesichtspunkt der Auswahl soll die Bedeutung einer Quelle für den Verlauf der Reformation sein (z.B. Wormser Edikt, Confessio Augustana), aber auch der typische und repräsentative Charakter einer Quelle (z.B. Beispiele für Flugschriftenpolemik, bäuerliche Beschwerden oder ein reformatorisches Gemeindeglied).

Literatur: wird jeweils zur Quelle angegeben.

Übung, Do, 16–18 Uhr, TSG H A Beginn: 4.11.1999

Politische Wissenschaften

– Charles E. Butterworth/Jürgen Gebhardt: Medieval Christian and Islamic Political Philosophy in Comparative Perspective Die antike politische Philosophie wurde im lateinischen Christentum und im Islam jeweils in spezifischer Form rezipiert. Gegenstand des Seminars ist die exemplarische vergleichende Analyse der antik-christlichen und antik-islamischen Synthese politischen Denkens unter besonderer Berücksichtigung der Rezeption islamischer Philosophie im Westen und deren Einfluß auf die Formation der hochmittelalterlichen politischen Philosophie (politischer Aristotelismus und Averroismus). Untersucht werden sollen: Al Farabi, Avicenna, Averroes, Thomas Aquinas, Aegidius Romanus, Marsilius von Padua.

Literatur: J. H. Burns (Hrsg.), The Cambridge History of Political Thougth, Kap.V.: De-velopment c. 1150 – c. 1450, Cambridge 1988, S. 341–572; Ch. Butterworth, Die poli-tischen Lehren von Avicenna und Averroes, in: I. Fetscher/H. Münkler, Mittelalter (Handbuch der Politischen Ideen II), München 1993; B. Tibi, Politisches Denken im klassischen und mittelalterlichen Islam, in: I. Fetscher/H. Münkler, Mittelalter (Handbuch der Politischen Ideen II), München 1993.

Hauptseminar, Di, 18.15–20.30 Uhr, PSG II, R. 422 Beginn: 9.11.1999
 
 

Aktualisiert am 14.10.99 (Dimpel)